Die Chemie- und Pharmabranche im Südwesten sucht Fachkräfte. (Archivbild), © Silas Stein/dpa
Die Chemie- und Pharmabranche im Südwesten sucht Fachkräfte. (Archivbild) Silas Stein/dpa, dpa
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Chemie-Arbeitgeber kritisieren Zustände an Berufsschulen

24.02.2025

Um den Fachkräftebedarf in der Chemiebranche zu sichern, fordern die Arbeitgeber Verbesserungen in der Ausbildung. Gerade an vielen Berufsschulen sei die Bausubstanz «wirklich erbärmlich», sagte der Vorsitzende des Arbeitgeberverbandes Chemie Baden-Württemberg, Patrick Krauth. «Auch die Ausstattung ist vielfach nicht so, dass gut unterrichtet und ausgebildet werden kann.» Oft mangele es an Lehrerinnen und Lehrern.

Zudem gebe es ein Problem mit dem Datenschutz in Bezug auf die Nutzung von Programmen, die in Unternehmen genutzt werden, sagte er. «Die dürfen an den Berufsschulen nicht eingesetzt werden – weil sie nicht den engen Vorstellungen des baden-württembergischen Datenschutzbeauftragten entsprechen.»

Es kommt darauf an, ob personenbezogene Daten im Spiel sind

Dem hielt der Landesdatenschutzbeauftragte Tobias Keber entgegen, dass eine Software sehr wohl Unterrichtsgegenstand sein könne - sofern dabei keine personenbezogenen Daten verarbeitet werden. In den Bildungsplänen der Berufsschule seien etwa berufsspezifische Anwendungen als Unterrichtsinhalt vorgesehen, wie die Verwendung einer sogenannten CAD-Software zum Erstellen geometrischer Modelle oder KI-Anwendungen.

«Software, die in Unternehmen genutzt wird, auch an Schulen zu lehren, ist auch aus unserer Sicht sehr sinnvoll, um die Schülerinnen und Schüler auf die Anforderungen der Privatwirtschaft vorzubereiten», betonte Kerber. Dem stehe der Datenschutz nicht entgegen.

Anders sei es bei Anwendungen, über die eine Schule mit Schülerinnen und Schülern beispielsweise zu Arbeitsaufträgen oder Unterrichtsverlegungen kommuniziert. «Hier sind personenbezogene Daten kaum zu vermeiden, sodass die Anforderungen des Datenschutzrechts einzuhalten sind.» Dazu stünden den Schulen datenschutzkonforme digitale Anwendungen wie die Bildungsplattform des Landes Baden-Württemberg zur Verfügung.

Bessere Berufsorientierung

Nicht verhandelbar ist aus Sicht der Arbeitgeber die weitere Stärkung der naturwissenschaftlich-technischen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler. «Die MINT-Fähigkeiten sind, das wissen wir, die Schlüsselkompetenz heutzutage», so Krauth. Das dürfe gerade in Realschulen nicht zurückgedreht werden. MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik.

Die Berufsorientierung müsse ebenfalls weiter verbessert werden - speziell in den Gymnasien, forderte der Verbandschef. «Auch Schülerinnen und Schüler, die das Abitur anstreben, müssen das Berufsleben kennenlernen können und dürfen.» Nicht alle machten das Abitur, nicht alle wollten studieren.

Über hunderttausend Arbeitsplätze - 73.000 Euro brutto im Schnitt

Die Verbände der Chemie- und Pharmabranche in Baden-Württemberg mit Sitz in Baden-Baden vertreten nach eigenen Angaben gut 500 Unternehmen mit insgesamt rund 113.500 Beschäftigten. Allerdings leiden viele Firmen unter hohen Energiepreisen und Bürokratie, wie die Verbände jüngst bekräftigten.

Das Durchschnittsentgelt in der Branche beträgt Krauth zufolge brutto etwa 73.000 Euro. Auch wolle man Fachkräfte, die die Unternehmen mit hohem Aufwand ausgebildet haben, in der Branche halten.

Er lobte die duale Ausbildung in den Unternehmen und den Berufsschulen des Landes sowie Studiengänge an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg. «Um dieses System haben uns in der Vergangenheit andere Länder beneidet», sagte der Verbandsvorsitzende aber mit Blick auf die Mängel.

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