Verletzte und große Schäden nach Gewittern im Südwesten
Bei schweren Gewittern sind in Baden-Württemberg mehrere Menschen verletzt worden und größere Schäden entstanden. Polizei und Feuerwehr waren in der Nacht und auch noch im Laufe des Mittwochs vielerorts im Dauereinsatz, um Straßen von heruntergefallenen Ästen und umgestürzten Bäumen freizuräumen. Es gab einige Blitzschläge in Häuser und eine Reihe von wetterbedingten Verkehrsunfällen, Straßensperrungen sowie Behinderungen im Bahnverkehr.
Vor allem südlich der Alb warnte der Deutsche Wetterdienst für Mittwoch vor weiteren Gewittern mit Starkregen und Hagel. Nach einem Wechsel von Sonne und Wolken in den kommenden Tagen könnte es am Wochenende im ganzen Land wieder Schauer und Gewitter mit Starkregen und Sturmböen geben, bei Höchstwerten zwischen 28 und 34 Grad.
Wegen des Unwetters kam es am Mittwoch noch auf einigen Bahnstrecken zu Beeinträchtigungen. «Bitte rechnen Sie mit Verspätungen und Zugausfällen», hieß es bei der Bahn. So sollte im Fernverkehr die Strecke München-Augsburg-Ulm bis in die Abendstunden gesperrt sein. Der Bahnverkehr zwischen Konstanz und Radolfzell musste aufgrund einer beschädigten Oberleitung vorübergehend eingestellt werden. Nach einem Blitzschlag in ein Stellwerk kam es auch zu massiven Einschränkungen und Ausfällen bei Stadt- und Regionalbahnen zwischen Karlsruhe und Heilbronn. Bei Ulm gab es auf der A8 einen Unfall mit einem Leichtverletzten, weil ein Busfahrer ohne Passagiere einem Baum ausweichen musste.
Die Region Konstanz hat es einem Polizeisprecher zufolge «ordentlich getroffen». Drei Menschen wurden verletzt, als auf einem Campingplatz in Allensbach am Bodensee eine 70 Zentimeter dicke Eiche während des Unwetters auf den Wohnwagen einer Familie fiel. Die drei Insassen kamen ins Krankenhaus, ebenso eine 30-jährige Camperin.
Allein zwischen 21.30 Uhr bis Mitternacht gingen im Führungs- und Lagezentrum des Polizeipräsidiums Konstanz mehr als 370 Notrufe ein, meist unwetterbedingt. Die Integrierte Leitstelle des Landkreises registrierte 170 witterungsbedingte Einsätze, meist in Konstanz, Allensbach, Singen und Stockach. Die B33 in Konstanz war für mehrere Stunden bis in den frühen Morgen wegen Aufräum- und Reinigungsarbeiten voll gesperrt.
Im Kreis Ravensburg wurde ein 53-jähriger Rollerfahrer lebensgefährlich verletzt; er war auf der L260 bei Aichstetten am späten Dienstagabend mit einem auf der Straße liegenden Baum zusammengestoßen. Die Ravensburger Polizei notierte hohe Sturmschäden. Ein Schwimmbad blieb wegen zwei umgestürzten Bäumen zu.
In Steinheim (Kreis Ludwigsburg) geriet ein Wohnhaus in Brand, die Bewohner konnten sich in Sicherheit bringen, das Gebäude ist nach erster Einschätzung allerdings nicht mehr bewohnbar. Der Schaden wird auf rund 300 000 Euro geschätzt.
Auch in Pfullingen (Kreis Reutlingen) brannte ein Dachstuhl möglicherweise aufgrund eines Blitzschlags. Die Bewohner dieses und eines angrenzenden Hauses mussten aus ihren Wohnungen. Beide Häuser sind laut Polizei derzeit nicht bewohnbar. Der Schaden wird auf rund 750 000 Euro geschätzt.
Das Polizeipräsidium Reutlingen meldete aus der Nacht rund 100 Einsätze vor allem in den Landkreisen Reutlingen, Tübingen und dem Zollernalbkreis. In Reutlingen setzte extrem heftiger Starkregen mit 50 Litern pro Quadratmeter Keller unter Wasser. Beim Südbahnhof kam es wegen herabgestürzter Äste auf eine Oberleitung zum Stromausfall. «Bei uns geht es wirklich rund», berichtete ein Polizist am Abend. Es gab mehrere Verkehrsunfälle mit Verletzten. In Dußlingen (Kreis Tübingen) und in Hechingen (Zollernalbkreis) wurden Oberleitungen abgerissen.
Das Polizeipräsidium Ulm registrierte etwa 120 unwetterbedingte Notrufe. Vor allem im Landkreis Biberach beschäftigten herabgefallene Äste und umgestürzte Bäume die Einsatzkräfte. Zeitweise waren Abschnitte der B30 zwischen Ulm und Unteressendorf nicht befahrbar. In Ulm-Jungingen setzte ein Blitzschlag am späten Dienstagabend ein Hausdach in Brand. Die 14 Bewohner konnten ihre Wohnungen unverletzt verlassen. Es entstand ein Schaden von geschätzt 100 000 Euro.
In Freiburg gab es laut Polizei rund 200 Einsätze, vor allem wegen umgefallener Bäume. In Kappelrodeck (Ortenaukreis) setzte vermutlich ein Blitzschlag einen Dachstuhl in Brand. Auch hier wurde der Schaden auf etwa 100 000 Euro beziffert. Verletzt wurde niemand.
In Mannheim meldete die Feuerwehr einen Dachstuhlbrand in einem dreigeschossigen Wohnhaus, der vermutlich durch Blitzeinschlag verursacht wurde. Ein Blitz, der in ein Trafohäuschen in Sinsheim (Rhein-Neckar-Kreis) einschlug, sorgte für einen kurzzeitigen Stromausfall in den Ortsteilen Hilsbach, Weiler und Reihen. Auch in Heilbronn wurde von Blitzeinschlägen berichtet.
In Villingen-Schwenningen beschädigte ein sich lösendes Dach ein Auto. In Furtwangen im Schwarzwald bestand kurzzeitig Sorge um eine 70-köpfige Schülergruppe, die im Wald ihr Zeltlager aufgeschlagen hatte und zunächst nicht erreichbar war. Im Laufe des Abends konnte der Kontakt hergestellt werden: Alle waren wohlauf, nur ein Zelt fiel dem Sturm zum Opfer.
In Tuttlingen räumte der Veranstalter des Festivals Honberg-Sommer wegen des Gewitters das Gelände. Betroffen waren rund 300 Besucher. In Moos/Iznang stürzte eine 81-Jährige durch den Dachboden, als sie vom Sturm gelöste Ziegel wieder befestigen wollte. Sie musste vom Rettungsdienst in ein Krankenhaus gebracht werden.
Die Leitstelle des Schwarzwald-Baar-Kreises verzeichnete 90 Einsätze, die Leitstelle in Tuttlingen 60, die Leitstelle in Rottweil 80. Einsatzschwerpunkte waren in Sulz, Dornhan, Rottweil und Deißlingen.
Auch über die benachbarte Schweiz zog eine schwere Sturm- und Gewitterfront. Wetterdienste meldeten bis zum Mittwochmorgen Zehntausende Blitze. SRF Meteo sprach von mehr als 70 000 Blitzen im ganzen Land, Meteonews Schweiz von mehr als 50 000. Im Kanton Freiburg wurde eine Frau vom Blitz getroffen und schwer verletzt.
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