Sicherheitsdebatte vor geplantem Castor-Transport nach Baden
Vor dem geplanten Castor-Transport mit Atomabfällen von Frankreich nach Philippsburg sorgt sich der Bürgermeister der Stadt im Landkreis Karlsruhe um die Sicherheit des Zwischenlagers. Die geopolitische Sicherheitslage habe sich in den vergangenen Jahren verändert, sagte Stefan Martus (parteilos) der Deutschen Presse-Agentur. Dabei gehe es um die Sicherung gegen Einwirkungen von außen, sagte der Rathauschef und nannte neue panzerbrechende Waffen als Beispiel. Die EnBW wiederum betont die hohen Sicherheitsstandards bei dem Thema.
Kernkraftsparten-Chef Jörg Michels sagte, bei den Anträgen und der Genehmigung müssten auch neue Möglichkeiten berücksichtigt werden. Konkreter ging er nicht auf eine Frage nach dem Schutz gegen Drohnenangriffe oder moderne Waffen ein.
Bis Jahresende sollen die hochradioaktiven Abfälle von La Hague nach Philippsburg gebracht werden. Sie sind nach der Wiederaufarbeitung von Brennelementen aus deutschen Atomkraftwerken in Frankreich übrig geblieben.
Gerichtsentscheidung im November erwartet
Martus verwies auf einen Eilantrag beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) gegen Änderungsgenehmigungen zur Einlagerung der Castoren. Die veränderte weltweite Sicherheitslage hätte in Form einer Neugenehmigung stärker berücksichtigt werden müssen, argumentierte er. Änderungsgenehmigungen reichten da nicht aus.
Der VGH will einer Sprecherin zufolge im November über den Antrag entscheiden (Az. 10 S 1555/24). Sollte die Einlagerung in Philippsburg unrechtmäßig genehmigt worden sein, könnte das Folgen für den Transport haben.
Franz Wagner vom atomkritischen Bund der Bürgerinitiativen Mittlerer Neckar geht allerdings davon aus, dass die Klage geringe Erfolgschancen hat. «Der VGH hat bisher fast immer atomfreundlich entschieden», erklärte er. Die Atomkraftgegner wollen am 9. November in Philippsburg und Karlsruhe demonstrieren.
Termin und Strecke bleiben geheim
Die vier Castoren kommen mit der Bahn. Das Datum, der konkrete Streckenverlauf und die Dauer des Transports seien aus Sicherheitsgründen geheim, sagte Michels. «Wir haben eine völkerrechtliche Verpflichtung, wir haben eine privatrechtliche Verpflichtung. Wir müssen die Abfälle zurücknehmen», betonte Michels. Dies sei Teil eines verantwortungsvollen Atomausstiegs.
Die Castor-Behälter seien vielfach getestet und für sicher befunden worden, erklärte der Geschäftsführer der EnBW Kernkraft GmbH. An deren Sicherheit - etwa dass Radioaktivität austritt - gebe es keinen Zweifel, betonte auch Bürgermeister Martus.
Der Schutz von Menschen und Umwelt stehe an erster Stelle, sagte Michels. Gutachter und Behörden kontrollierten mit Messungen, dass Grenzwerte eingehalten werden. Die Polizei sei für die Sicherung des Transports zuständig.
Bürgermeister mahnt Ende der Endlagersuche an
Der Betrieb des Brennelemente-Zwischenlagers in Philippsburg ist aktuell bis zum Jahr 2047 genehmigt. Da es noch kein Endlager gibt, geht die staatliche BGZ Gesellschaft für Zwischenlagerung mbH laut dem Hauptabteilungsleiter Betriebe Südwest, Wolfgang Arnold, allerdings von einer Verlängerung aus - ohne konkrete Prognose.
Bürgermeister Martus appellierte, dass bald eine Lösung gefunden werden müsse. «Der Prozess darf nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag geschoben werden, wir müssen endlich ein Endlager finden», sagte er. «Das Ganze bis zum Tag X zwischenzulagern kann nicht der richtige Ansatz sein.»
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