Politologe: Keine systematische Benachteiligung für CDU
24.02.2025
Der Freiburger Politikwissenschaftler Sebastian Jäckle sieht trotz des Unmuts bei der CDU durch das neue Wahlrecht bei der Bundestagswahl keine Partei systematisch benachteiligt. «Das Gesamtergebnis benachteiligt keine Partei in Bezug auf die Zweitstimmen», sagte der Politologe auf dpa-Anfrage.
Dass sich Bürger aufregten, wenn der von ihnen mehrheitlich gewählte Direktkandidat nicht in den Bundestag einzieht oder ein Wahlkreis gar nicht mehr repräsentiert wird, könne er dennoch nachvollziehen.
Demokratisch, aber problematisch
Undemokratisch sei das neue Wahlrecht nicht. Es sei demokratisch legitim erlassen worden. Und das Resultat im Bundestag entspreche bei den Parteien, die über fünf Prozent kamen, exakt dem Verhältnis bei den Zweitstimmen. Das Bundesverfassungsgericht habe zudem festgestellt, dass Abgeordnete Vertreter des ganzen Volkes seien. «Es gibt entsprechend offiziell keine Wahlkreisrepräsentationspflicht», sagte Jäckle.
Polarisierung zwischen Stadt und Land
Problematisch ist für den Wissenschaftler aber, wenn in Baden-Württemberg vor allem knapp siegreiche CDU-Kandidaten aus eher städtischen Wahlkreisen nicht in den Bundestag einziehen. Dann sei der neue Bundestag bei CDU-Abgeordneten noch stärker ländlich geprägt als sowieso schon.
«Und bei den eher linken (SPD/Grüne/Linke) noch stärker städtisch als bisher eh schon. Wir sehen hier also eine weitere Polarisierung im Bundestag auch zwischen Stadt und Land.»
Warum die CDU im Südwesten so betroffen ist
Nach dem neuen Wahlrecht ziehen nicht mehr alle siegreichen Wahlkreis-Kandidaten automatisch in den Bundestag ein: Sie bekommen nur ein Mandat, wenn ihre Partei auf genügend Zweitstimmen kommt, anderenfalls gehen die siegreichen Direktkandidaten leer aus.
Die CDU in Baden-Württemberg sei davon deshalb so stark betroffen, weil sie fast alle Wahlkreise bei den Erststimmen gewonnen habe, so Jäckle. Zugleich sei aber ihr Zweitstimmenanteil im Vergleich nicht so hoch. «Eine solche Situation gibt es in dieser Ausprägung sonst in keinem anderen Bundesland.»
Ärger über neues Wahlrecht
CDU-Landeschef Manuel Hagel hatte am Wahlabend das neue Wahlrecht als undemokratisch kritisiert. «Die Menschen werden an der Nase herumgeführt», sagte er. Das Wahlrecht müsse reformiert werden.
Neben Melis Sekmen aus Mannheim sind auch die Wahlkreissieger Christoph Naser (Tübingen), Alexander Föhr (Heidelberg), Maximilian Mörseburg (Stuttgart II), Moritz Oppelt (Rhein-Neckar) und Stefan Glaser (Lörrach-Müllheim) nicht im neuen Bundestag vertreten.
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