Thomas Tuchel erklärt den internen Tumult um Sadio Mané für beendet., © Tom Weller/dpa
Thomas Tuchel erklärt den internen Tumult um Sadio Mané für beendet. Tom Weller/dpa, dpa
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Nach Kabinenzoff: Tuchel steht weiter zu reumütigem Mané

14.04.2023

Thomas Tuchel richtete sein Basecap und schlüpfte dann in die Rolle des «ersten Anwalts» für den suspendierten Sadio Mané. «Es hat uns beschäftigt, weil es schon ein eklatanter Vorfall war», sagte der Bayern-Trainer über die Auseinandersetzung zwischen Mané und Mitspieler Leroy Sané.

«Sadio hat sich nie, nie, nie etwas zuschulden kommen lassen. Er ist Fußball pur. Er hat mein vollstes Vertrauen. Das hatte er vorher und hat er auch nach diesem Fehler.» Nach der internen Sperre am Samstag (15.30 Uhr/Sky) gegen die TSG 1899 Hoffenheim in der Fußball-Bundesliga kehrt der zudem zu einer Geldstrafe verdonnerte Mané für das Manchester-Rückspiel demnach wieder in den Kader zurück.

In frustrierenden und nervenaufreibenden Rekordmeistertagen mit dem Streit zwischen Mané und Sané sowie der 0:3-Packung in der Champions League bei Manchester City als Stimmungskiller wäre für Tuchel ein Zeichen in der Fußball-Bundesliga «extrem wichtig». Auch wegen der «Nebengeräusche, die wir selber produziert haben», sagte der 49-Jährige, der in wenigen Wochen in München schon mehr erlebt hat als Trainer anderer Clubs in einer ganzen Saison. «Es war nicht das erste Mal in meiner Trainerkarriere, dass es mal rasselt in der Kabine. Da werden wir auch nicht die letzten sein, das gehört manchmal dazu.» Auch in München, wo schon Franck Ribéry und Arjen Roben oder Lothar Matthäus und Bixente Lizarazu handgreiflich aneinandergeraten waren.

De Ligt: «Wir müssen nach vorne schauen»

Nach dem Meister-Appell von Vorstandschef Oliver Kahn sollen die Münchner gegen die immer noch abstiegsbedrohten Hoffenheimer nun wieder im Kampf um die Schale zuschlagen. «Wir müssen sofort am Samstag jetzt nachlegen», forderte Kahn. «Es ist sehr sehr eng, auch in der Fußball-Bundesliga.» Dazu wollen die Münchner die Hoffnung, ein Rückspiel-Wunder am Mittwoch gegen die Superstars von Pep Guardiola bei dessen München-Rückkehr zu schaffen, nicht aufgeben. «Wir müssen nach vorne schauen, weil wir noch viele wichtige Spiele haben», sagte Abwehrchef Matthijs de Ligt.

Nach dem schmerzhaften Aus im Pokal und dem vermutlichen K.o. in Europas Eliteliga würde ein weiterer Bundesliga-Wackler die kräftigen Turbulenzen für den FC Bayern weiter vergrößern. Die erste titellose Saison seit den drei zweiten Plätzen 2012 mit dem Finale dahoam als tränenreichem Tiefpunkt würde drohen. Nur zwei Punkte beträgt in der Tabelle der Vorsprung auf Borussia Dortmund, Doublesieger von 2012. Damals hieß der deutsche Meister zuletzt nicht FC Bayern. Tuchel berichtete nach der Beilegung des Streits von einer «positiven und energiegeladenen Stimmung» im Training.

Tuchel hakt Vorfall um Mané ab

Als Zeichen, dass Leben in der Mannschaft sei, wollte der trotz des vielen Ärgers humorvoll aufgelegte Tuchel den Mané-Sané-Stress nicht verklären. «Ich habe nicht den Beweis gebraucht, dass wir leben. Die Leistung, und wie uns benommen haben auf dem Feld - da war mich genug Leben drin», sagte der Nachfolger von Julian Nagelsmann. Wie sein Vorgänger wünscht sich auch Tuchel, das Dinge aus der Kabine eben auch in der Kabine blieben. Wohlwissen, dass sich diese Hoffnung nicht dauerhaft erfüllt.

Für Tuchel ist der Vorfall nach einer Entschuldigung von Mané geklärt. «Jeder macht einen Fehler, das gehört auch zu einem Vorbild dazu. Es ist dann auch vorbildlich, wie er damit umgegangen ist», sagte der ehemalige Champions-League-Sieger mit dem FC Chelsea. Der Umgang mit dem Fehltritt habe «eine reinigende Wirkung» gehabt.

«Ich beurteile das gar nicht aus der Ferne», sagte Hoffenheims Trainer Pellegrino Matarazzo, als er auf den Münchner Trubel angesprochen wurde. «Ich nehme das nur wahr.» Auch ohne Mané hätten die Münchner «andere Optionen, die vorne spielen können». Noch keine ist Eric Maxim Choupo-Moting, der immer noch wegen Kniebeschwerden ausfällt.

Mannschaft «steht voll» hinter Upamecano

«Wir behalten den Kopf oben», beteuerte Kapitän Thomas Müller. Nach seiner mit äußerlicher Fassung hingenommenen Jokerrolle im Viertelfinal-Hinspiel bei Man City hofft der 33-Jährige auf eine Rückkehr in die Startelf. Besonders im Fokus wird zwangsläufig auch Sané stehen, der den Senegalesen irgendwie aus der Fassung gebracht haben muss.

Das 30. Bundesliga-Duell zwischen dem Branchenprimus und dem in dieser Saison und dem im Abstiegskampf zuletzt erfolgreichen Club aus dem Kraichgau könnte auch ein Aufbauspiel für Dayot Upamecano nach seinem Schreckensabend in der Königsklasse werden. Der Franzose hatte das 0:2 verschuldet und damit die höhere Niederlage eingeleitet. «Klar belastet einen sowas, aber wir in der Mannschaft stehen voll hinter ihm», sagte Kimmich. In ersten Gesprächen wurde Upamecano, der eine überzeugende WM gespielt hatte, aufgebaut. Aber es wurden auch klar die Fehler angesprochen.

Erst nach dem Hoffenheim-Match soll der Blick auf City gehen. Im Fußball sei nichts unmöglich, sagte Tuchel. Aber damit wirklich an die Chance glaube und es nicht nur «das berühmte Pfeifen im Wald» sei, müsse man Schritt für Schritt gehen. Angesprochen auf viel Lob für ihn trotz der jüngsten Rückschläge grinste Tuchel - und scherzte: «Alles gelogen.»

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