Mentrup: Unzufriedenheit kann Kommunalwahl beeinflussen
Mit Blick auf die vorherrschende allgemeine Verunsicherung in der Gesellschaft hält Städtetagspräsident Frank Mentrup es für möglich, dass die Menschen bei den Kommunalwahlen 2024 ihr Kreuz jenseits der Mitte setzen. «Wenn es zum Zeitpunkt der Kommunalwahlen weiter diese Unzufriedenheit gibt, dann hat das sicherlich auch Auswirkungen darauf, dass eher am rechten oder linken Rand stehende Parteien mit Zuwächsen rechnen können», sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Karlsruhe.
Verunsicherung führe immer zu Zuwächsen an den Rändern. «Jetzt gibt es auf der linken Seite im Moment kein Angebot, das überzeugt», analysierte Mentrup, der auch Oberbürgermeister von Karlsruhe ist. «Aber wenn diese Verunsicherung sich wieder verändert, kann es auch ganz anders sein. Deswegen tue ich mich schwer, schon von einem allgemeinen Rechtsruck zu sprechen.» Ergebnisse von Umfragen seien oft volatil. Und jetzt schon von einem Rechtsruck zu sprechen, würde aus seiner Sicht die falschen Signale setzen.
«Unabhängig von anstehenden Wahlen gilt es, insgesamt und im Schulterschluss der demokratischen Ebenen in der Politik wieder stärker das Vertrauen der Menschen zu gewinnen», mahnte Mentrup. Es bleibe aber nicht mehr viel Zeit. «Sonst verfestigt sich so eine Unzufriedenheit.» Wenngleich der Grad an Unzufriedenheit aus seiner Sicht regional unterschiedlich ist, «ohne jetzt so einen Ost-West-Gegensatz aufmachen zu wollen». Er wünsche sich, dass sich mehr Parteien sehr offensiv der aktuellen Diskussion stellen.
Eine Chance sieht Mentrup darin, dass die Kommunalwahlen in Baden-Württemberg am 9. Juni 2024 wieder zeitgleich mit den Europawahlen stattfinden. Beim letzten Mal habe das zu einer gestiegenen Wahlbeteiligung geführt; mehr junge Menschen als sonst üblich seien zur Wahl gegangen. Und im Endeffekt habe es trotz Befürchtungen keinen Rechtsruck gegeben.
«Damals waren die nationalistischen, anti-europäischen Bestrebungen ja schon genauso intensiv und manche haben in der Europawahl 2019 eine Schicksalswahl für die EU gesehen», sagte Mentrup. «Doch genau das ist dann nicht eingetreten.» Insofern könnte die Grundstimmung zu Europa einen größeren Einfluss auf die Kommunalwahlen haben als die Frage, wie gerade die Stimmung zur deutschen Politik ist.
Er hoffe, dass die Wahl zu einem ganz klaren Bekenntnis für die Europäische Union wird. «Und gerade hier sehe ich im Moment nicht, dass die AfD mit ihrem Wischiwaschi-Europaausstieg in der Gesellschaft auf Zustimmung stößt», sagte der Verbandspräsident. «Zu sagen, wir wollen da eigentlich nicht raus, aber dann doch irgendwie mit der Anti-Position punkten wollen, das funktioniert nicht.»
Bezogen auf den Hype um die aktuellen AfD-Erfolge etwa bei einer Landratswahl in Thüringen dürfe auch nicht vergessen werden, dass die AfD bei der Landtagswahl 2016 in Baden-Württemberg zwei Direktmandate geholt habe - in Pforzheim und Mannheim. «Es ist also auch bei uns nicht etwas völlig Neues, dass AfD-Politiker in gewichtige politische Funktionen kommen. Gerade in Baden-Württemberg ziemt es sich da nicht, mit Fingern auf die rund 57 000 Menschen in einem kleinen Landkreis im Osten der Republik zu zeigen», sagte Mentrup. «Da müssen wir uns selber an die Nase fassen und uns eingestehen, dass es hier auch schon Prozesse gab, die wir einige Jahre zuvor nicht für möglich gehalten hätten.»
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