Die Wahlrechtsreform stößt bei der Opposition auf Kritik., © picture alliance / Kay Nietfeld/dpa
Die Wahlrechtsreform stößt bei der Opposition auf Kritik. picture alliance / Kay Nietfeld/dpa, dpa
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Kritik an Wahlrechtsreform - Kompromissvorschlag aus SPD

25.03.2023

Im Streit um die Reform des Wahlrechts kommt aus der SPD-Fraktion ein Kompromissvorschlag. Der SPD-Abgeordnete Axel Schäfer sprach sich dafür aus, die Fünf-Prozent-Hürde auf vier Prozent zu senken, um negative Folgen der Ampel-Pläne vor allem für CSU und Linke zu kompensieren.

Für eine solche Absenkung hatte sich auch die Linke ausgesprochen. Der Linke-Abgeordnete Gregor Gysi hatte 3 oder 3,5 Prozent ins Spiel gebracht. CSU-Chef Markus Söder hatte einer Absenkung hingegen eine Absage erteilt.

Bundestag soll auf 630 Abgeordnete verkleinert werden

Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP hatte eine Wahlrechtsreform beschlossen, um den auf 736 Abgeordnete aufgeblähten Bundestag dauerhaft auf 630 Abgeordnete zu verkleinern. Die sogenannte Grundmandatsklausel soll entfallen. Sie sorgt bisher dafür, dass Parteien auch dann in der Stärke ihres Zweitstimmenergebnisses in den Bundestag einzogen, wenn sie unter fünf Prozent lagen, aber mindestens drei Direktmandate gewannen. Davon profitierte 2021 die Linkspartei, die nur 4,9 Prozent der Zweitstimmen erreicht hatte. Die CSU kam für sich gesehen 2021 auf 5,2 Prozent, gewann aber fast alle Direktmandate in Bayern. CSU und CDU bilden im Bundestag eine Fraktionsgemeinschaft.

Schäfer regt in einer zweiseitigen Stellungnahme eine Absenkung der Hürde auf vier Prozent an, wie zuerst die «Süddeutsche Zeitung» am Samstag berichtete. Das Papier liegt auch der Deutschen Presse-Agentur vor. Der 70-Jährige sitzt seit 2002 im Bundestag. Von 2010 bis 2017 war er stellvertretender Fraktionsvorsitzender.

Schäfer: Absenkung der Sperrklausel auf vier Prozent

Schäfer schreibt, mit der Wahlrechtsreform zur Verkleinerung des Bundestages sei der Ampel-Koalition zwar «ein wichtiger parlamentarischer Erfolg gelungen». Der geplante Wegfall der Grundmandatsklausel habe allerdings «aus allen Richtungen zu erheblicher Kritik geführt, die wir ernst- und aufnehmen müssen». Es bestehe jetzt «ein erhebliches Potenzial für Fake News und Legendenbildung sowie vermeidbare Auseinandersetzungen». Dem sollte die Ampelkoalition «sowohl widerstehen als auch eine weitere Reform des Wahlrechts in Angriff nehmen und konkret über eine Absenkung der Sperrklausel auf vier Prozent beraten». Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten «sehen das Wahlrecht nicht als Kampfinstrument gegen bestimmte Parteien». Die SPD müsse deshalb jetzt der «veränderten Parteienlandschaft auch gesetzlich Rechnung tragen und entsprechende Initiativen ergreifen».

Schäfer verwies auch auf die Lage in der Europäischen Union: «In acht EU-Staaten gibt es Sperrklauseln unterhalb von fünf Prozent und beim Europäischen Parlament genügen weniger als ein Prozent, um einen Sitz zu erringen.»

CSU-Chef Söder lehnt eine Senkung der Fünf-Prozent-Hürde hingegen ab, wie er der «Süddeutschen Zeitung» (Samstag) sagte. «Die Ampel muss dieses Wahlrecht ganz zurücknehmen, Korrekturen reichen nicht», betonte er. «Um sich ihre Mehrheit zu sichern, hat sie zwei von drei Oppositionsparteien in ihren Grundfesten benachteiligt. Die Ampel hat sich an der politischen Kultur versündigt», kritisierte der bayerische Ministerpräsident.

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz wies zudem den Vorschlag aus der Koalition zurück, die Wahlrechtsreform nachzubessern und Listenverbindungen von CDU und CSU zu ermöglichen. «Wir empfinden es als geradezu übergriffig, dass die Koalition per Wahlgesetz jetzt darüber entscheiden will, wie sich CDU und CSU bei Bundestagswahlen aufzustellen haben. Der Vorschlag einer Listenverbindung ist unbrauchbar zur Lösung des von der Ampel selbst herbeigeführten Problems», sagte der Unionsfraktionschef der «Welt am Sonntag».

«CDU und CSU sind zwei befreundete, aber auch voneinander unabhängige Parteien, die sich entschlossen haben, in räumlich unterschiedlichen Wahlgebieten zu kandidieren und nicht zu konkurrieren. Das wird so bleiben, egal, was andere politische Parteien davon halten», erklärte Merz. Die CSU tritt nur in Bayern an, die CDU nur in den anderen Bundesländern.

CDU-Chef Friedrich Merz bezeichnet den Vorschlag einer Listenverbindung von CDU und CSU als «unbrauchbar»., © Jan Woitas/dpa

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