Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage
Mehr als 13 Monate nach der Invasion der Ukraine ist der russische Präsident Wladimir Putin nach offiziellen Angaben abermals ins Kriegsgebiet gereist. Wie der Kreml am Dienstag mitteilte, sprach Putin mit russischen Soldaten in Cherson und Luhansk. Militärisch kommen die Russen kaum voran. In der seit Monaten umkämpften Stadt Bachmut leisten die Ukrainer nach eigenen Angaben immer noch Widerstand. Kiew hofft auf weitere westliche Waffenhilfe. Russland drohen neue Sanktionen der G7-Staaten.
Putin hatte den Angriffskrieg gegen das Nachbarland im Februar 2022 angeordnet. Später annektierte Russland völkerrechtswidrig ukrainische Gebiete, darunter Cherson und Luhansk, aber auch Donezk und Saporischschja. Vor einigen Wochen war Putin in die zerstörte Hafenstadt Mariupol im Gebiet Donezk gereist. Jetzt meldete der Kreml den neuen Truppenbesuch - wobei der genaue Zeitpunkt unklar blieb.
In Cherson im Süden der Ukraine habe sich Putin die Lage vom Kommandeur der Luftlandetruppen, Generaloberst Michail Teplinski, schildern lassen, hieß es in einer Mitteilung. In Luhansk im Osten habe er Generaloberst Alexander Lapin und andere hochrangige Offiziere getroffen. Putin habe russischen Soldaten anlässlich des orthodoxen Osterfests am vergangenen Wochenende eine Ikone geschenkt.
Weitere Gespräche über Waffen für die Ukraine in Ramstein
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj reiste nach ukrainischen Angaben ebenfalls ins Kriegsgebiet, in die heftig umkämpfte Stadt Awdijiwka im Osten. Die Besuche sind eher symbolisch und vor allem als politischer Rückhalt für die Soldaten gedacht. Die Ukraine spricht seit längerem von einer geplanten Offensive, um von Russland besetzte Gebiete zurückzuerobern.
Selenskyj sagte am Montagabend, sein Militär kläre gerade den Bedarf an Waffen und Munition vor einem weiteren Treffen der westlichen Verbündeten im sogenannten Ramstein-Format am 21. April. «Und wir erwarten solide Entscheidungen, die den Perspektiven auf dem Schlachtfeld gerecht werden.» Er sprach von «ziemlich ehrgeizigen Aussichten, denen wir uns nach Kräften nähern wollen».
Ukrainisches Militär berichtet von schweren Kämpfen um Bachmut
Die Kämpfe im Kriegsgebiet konzentrieren sich nach ukrainischen Angaben immer noch auf Bachmut, einer Stadt mit einst 70 000 Einwohnern in der Ostukraine, die Russland seit Monaten einzunehmen versucht. Russische Truppen griffen aus der Luft und mit schwerer Artillerie an, teilten die Landstreitkräfte mit, versicherten aber: «Die Situation ist zum jetzigen Zeitpunkt unter Kontrolle.» Nach russischen Angaben sind rund 80 Prozent des Stadtgebiets besetzt.
Die Ukraine meldete auch an anderen Frontabschnitten die Abwehr russischer Vorstöße, so etwa bei Kupjansk im Gebiet Charkiw und Lyman an der Grenze zwischen den Gebieten Luhansk und Donezk. Das britische Verteidigungsministerium verbreitete die Einschätzung, Russland habe seine Truppen und Angriffe im Osten der Ukraine zugunsten von Reserven für den Kampf um Bachmut reduziert. Dort seien Einheiten der regulären Armee und Söldner der Wagner-Gruppe dabei, «schleichende Fortschritte» zu machen.
Weniger Flüchtlinge aus der Ukraine
In Deutschland sorgen vor allem zwei indirekte Konsequenzen des Kriegs für Debatten: die aus der Ukraine aufgenommenen Flüchtlinge und die Entscheidung einiger osteuropäischer Staaten, keine ukrainischen Agrargüter mehr zu importieren. Letzteres stieß nicht nur bei der EU-Kommission auf Widerspruch, sondern auch bei Bundesagrarminister Cem Özdemir. «Die Solidarität mit der Ukraine bleibt das oberste Gebot, und es braucht ein abgestimmtes und regelbasiertes europäisches Vorgehen», sagte der Grünen-Politiker. Hintergrund des Importstopps sind Bauernproteste, weil billiges ukrainisches Getreide den heimischen Produzenten Konkurrenz macht.
Die Zahl der Flüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland lag in den ersten drei Monaten dieses Jahres deutlich niedriger als in der Anfangszeit Kriegs: Bis Ende März waren es rund 81 000, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Frage des CDU-Politikers Mathias Middelberg hervorgeht. Dieser warf Innenministerin Nancy Faeser (SPD) Irreführung vor, weil sie gesagt hat, acht von zehn in Deutschland ankommenden Geflüchteten seien Ukrainerinnen und Ukrainer.
Russland will mit China enger militärisch kooperieren
Deutschland und die übrigen G7-Länder kündigten bei einem Treffen in Japan an, man werde die «Koordinierung verstärken, um Waffenlieferungen Dritter an Russland zu verhindern». Und man sei «entschlossen, die Sanktionen gegen Russland zu intensivieren». Zu den G7 gehören neben Deutschland und Japan auch die USA, Großbritannien, Frankreich, Italien und Kanada. Russland wurde aufgefordert, unverzüglich und bedingungslos aus der Ukraine abzuziehen.
Der Westen drängt China dazu, für ein Ende des Kriegs Druck auf Russland aufzubauen. Allerdings hat China den russischen Angriff bisher nicht offiziell verurteilt. Am Dienstag teilte der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu mit, er habe bei einem Treffen mit seinem chinesischen Kollegen Li Shangfu eine intensivere militärische Zusammenarbeit ihrer Länder besprochen. «Ich setze auf die engste und fruchtbarste Zusammenarbeit mit Ihnen im Geiste der unverbrüchlichen Freundschaft zwischen unseren Ländern, Völkern und auch zwischen den Streitkräften Russlands und Chinas», sagte Schoigu.
© dpa-infocom, dpa:230418-99-352285/4