Ukrainische Soldaten bereiten ein Mini-Mehrfachraketen-System an der Frontlinie in der Nähe von Bachmut vor., © LIBKOS/AP/dpa
Ukrainische Soldaten bereiten ein Mini-Mehrfachraketen-System an der Frontlinie in der Nähe von Bachmut vor. LIBKOS/AP/dpa, dpa
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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

25.08.2023

Zwei Tage nach dem mutmaßlichen Tod des russischen Söldnerführers Jewgeni Prigoschin bei einem Flugzeugabsturz herrscht noch immer keine Klarheit über die Umstände.

Russlands Präsident Wladimir Putin bestätigte am Donnerstagabend nur indirekt den Tod seines einstigen Günstlings, der als Chef der Privatarmee Wagner zwei Monate zuvor gegen ihn gemeutert hatte. Allerdings geht auch die US-Regierung nach Medienberichten davon aus, dass Prigoschin bei dem Absturz am Mittwochabend ums Leben kam.

Die USA kündigten unterdessen an, im September mit der Ausbildung ukrainischer Piloten auf dem Kampfjet F-16 zu beginnen. Um dieses Flugzeug hatte Kiew lange gebeten, nun soll es die ukrainische Luftwaffe endlich bekommen - nach den Niederlanden und Dänemark kündigte am Donnerstag auch Norwegen an, F-16-Jets zur Verfügung zu stellen.

Präsident Wladimir Putin hatte seine Armee am 24. Februar 2022 in das Nachbarland einmarschieren lassen. Anderthalb Jahre später wurde am Donnerstag der Unabhängigkeitstag der Ukraine gefeiert, zu dem Präsident Wolodymyr Selenskyj einen Glückwunsch-Anruf seines wohl wichtigsten Unterstützers bekam.

US-Präsident Joe Biden versprach ihm nach Angaben des Weißen Hauses, die Verteidigungsbemühungen der Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland so lange wie nötig zu unterstützen. Derweil wurde über Odessa und der russisch besetzten Schwarzmeer-Halbinsel Krim in der Nacht Luftalarm ausgelöst.

Putin spricht in Vergangenheitsform von Prigoschin

Eine offizielle Identifizierung der Leiche Prigoschins durch die russischen Behörden stand bis heute noch aus. Putin sprach indes schon in der Vergangenheitsform von dem «talentierten Geschäftsmann» und Söldnerführer.

«Er war ein Mensch mit einem schwierigen Schicksal, und er hat ernsthafte Fehler gemacht», sagte er. Während der Meuterei der Wagner-Kämpfer gegen die russische Führung im Juni hatte Putin seinem langjährigen militärischen Handlanger Prigoschin Verrat vorgeworfen, ihm und seinen Gefolgsleuten dann aber die Ausreise nach Belarus ermöglicht.

Bei dem Flugzeugabsturz kamen zehn Menschen ums Leben. An Prigoschins Firmensitz in St. Petersburg und in anderen russischen Städten legten Trauernde Blumen nieder. Prigoschin und seine Wagner-Truppe hatten zwar wegen ihrer verdeckten Auslandseinsätze und wegen ihrer Brutalität auch im Inland keinen guten Ruf.

Doch seine Kritik an Fehlern der russischen Militärführung machte ihn für viele Russen auch zu einem Helden. In sozialen Medien wurde der Vorwurf erhoben, das vermeintliche Flugzeugunglück sei in Wahrheit ein Attentat auf Prigoschin gewesen - eine Einschätzung, die auch viele westliche Politiker und Militärexperten vertreten.

Auch USA vermuten Attentat

Die «New York Times» und andere US-Medien berichteten unter Berufung auf US-Geheimdienstkreise, dass vermutlich eine Explosion an Bord des Flugzeugs den Absturz ausgelöst habe. Eine endgültige Schlussfolgerung sei noch nicht gezogen, eine Explosion aber derzeit die wahrscheinlichste Begründung, schrieb die «New York Times». Ein Sprecher des US-Verteidigungsministerium sagte, es gebe keine Hinweise, dass der Jet von einer Boden-Luft-Rakete getroffen worden sei. Dies hatten Prigoschin nahestehende Webseiten und Kanäle in sozialen Medien gemutmaßt.

In Deutschland sieht SPD-Chef Lars Klingbeil in dem mutmaßlichen Attentat ein Anzeichen für Putins schwindende Macht. «Wenn das am Ende alles so stimmt, wie wir gerade vermuten, ist das ein weiteres Indiz dafür, dass Putin nicht mehr alles im Griff hat, dass Putin nicht mehr in Russland alles steuern kann - nur noch mit Terror und mit Unterdrückung», sagte Klingbeil in Lüneburg bei «RND vor Ort», einer Veranstaltung des Redaktionsnetzwerks Deutschland. «Das ist erstmal auch ein Zeichen, das ein bisschen Optimismus gibt, dass dort langsam dieses System Putin auseinanderfällt.»

Selenskyj: Die Welt braucht unsere Offensive

Der Erfolg der ukrainischen Gegenoffensive sei bedeutend für die gesamte Welt, sagte Präsident Selenskyj bei einem Treffen mit dem norwegischen Ministerpräsidenten Jonas Gahr Støre in Kiew. «Denn die Ukraine kämpft für unsere gemeinsamen Werte. Ich wünsche mir, dass alle Welt das endlich begreift.» Der Erfolg der Vorstöße im Süden hänge indes an vielen Faktoren, unter anderem an der hohen Minendichte in den russisch besetzten Gebieten. «Tausende von Minen, alles ist vermint, aber die Soldaten kommen voran.»

Die Gegenoffensive der Ukrainer ist bislang hinter den hohen Erwartungen zurückgeblieben. Medien in den USA zitieren Kritik von Experten am Einsatz der ukrainischen Truppen. Der Oberkommandierende Walerij Saluschnyj wies dies laut einem Bericht des «Wall Street Journal» zurück. Seine Truppen stünden kurz vor einem Durchbruch, behauptete er demnach.

Ukrainische Truppen wehrten nach Militärangaben an mehreren Frontabschnitten russische Angriffe ab. Der abendliche Lagebericht des Generalstabs in Kiew nannte die Abschnitte Kupjansk im Osten des Landes und Awdijiwka nördlich der von Russland kontrollierten Stadt Donezk. Bei Marjinka südwestlich von Donezk seien die Russen in der Offensive; es sei aber gelungen, sie zurückzuhalten. Die eigene Gegenoffensive bei Robotyne im Gebiet Saporischschja laufe weiter, man baue die erreichten Positionen aus. Die Militärangaben waren nicht unabhängig überprüfbar.

Ukrainische Medien: Drohnenangriffe auf Krim

Auf der von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim haben der Geheimdienst SBU und Kiews Streitkräfte nach einem Bericht der «Ukrajinska Prawda» mit Drohnen militärische Stellungen angegriffen. Es gebe Dutzende Tote und Verletzte, berichtete das Internetportal am Freitag unter Berufung auf informierte Kreise beim Geheimdienst SBU. Veröffentlicht wurde auch ein Foto von Rauchwolken. Demnach soll die 126. Brigade der russischen Schwarzmeerflotte in dem Dorf Perewalnoje unweit der Krim-Hauptstadt Simferopol angegriffen worden sein.

Auch andere ukrainische Medien berichteten darüber. Informationen dazu von russischer Seite gab es zunächst nicht. Die Angaben waren unabhängig nicht überprüfbar.

Die Drohnen schlugen den Berichten zufolge unter Umgehung der russischen Flugabwehr auch in ein Munitionslager ein. Auch Militärtechnik sei schwer beschädigt worden, hieß es. Die russischen Besatzer seien auf die Spezialoperation des Geheimdienstes SBU und der ukrainischen Streitkräfte nicht vorbereitet gewesen.

Kreml: Putin fährt nicht zu G20 nach Indien

Der russische Präsident Wladimir Putin wird nicht zum Gipfeltreffen der Zwanzigergruppe wichtiger Industrie- und Schwellenländer (G20) Anfang September in Indien fahren. Reisen stünden derzeit nicht im Terminkalender, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow in Moskau. Putin konzentriere sich auf die militärische Spezialoperation, wie Moskau den Angriffskrieg gegen die Ukraine nennt.

Putin habe gerade erst per Videoschaltung am Gipfeltreffen der BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) teilgenommen, sagte Peskow russischen Agenturmeldungen zufolge. Die Form seiner Teilnahme am G20-Gipfel werde geklärt. Das Treffen findet am 9./10. September in Neu-Delhi statt. Putin war auch nicht zum Gipfel der Gruppe im vergangenen Jahr nach Indonesien geflogen.

USA steigen in Ausbildung der Ukraine auf F-16 ein

Das US-Militär will ukrainische Piloten in den USA an Kampfjets vom Typ F-16 ausbilden, wie Pentagon-Sprecher Pat Ryder ankündigte. Im September solle zunächst ein Englisch-Training beginnen, im Oktober dann das Flugtraining. Die US-Regierung will damit einen weiteren Trainingsort einrichten neben den Ausbildungsstätten bei europäischen Partnerländern. Die Ukraine hatte ihre internationalen Partner monatelang um westliche Kampfjets gebeten, um die russische Invasion besser abwehren zu können.

Geheimdienstarbeit für Russland: Festnahmen in Lettland

In Lettland nahmen die Sicherheitsbehörden vier Personen wegen des Verdachts der Zusammenarbeit mit dem russischen Inlandsgeheimdienst FSB fest. Im Auftrag des FSB sollten die lettischen Staatsbürger Aktivitäten unternommen haben, die gegen die Sicherheit Lettlands und dessen Bevölkerung gerichtet waren. Dies teilte die Sicherheitspolizei des EU- und Nato-Landes in Riga mit.

Bei Durchsuchungen an landesweit 14 Orten seien auch zahlreiche Datenträger und Dokumente sichergestellt worden. Zudem wurden Geräte gefunden, bei denen es sich vermutlich um Güter von strategischer Bedeutung handele, die den Behörden zufolge für rechtswidrige operative Tätigkeiten genutzt werden könnten. Nähere Angaben machte die Sicherheitspolizei aus Rücksicht auf laufende Ermittlungen nicht.

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