Klimakrise: Nordamerika im Griff von Extremwetter
Anfang Juli wurde global gesehen der heißeste Tag der Geschichte gemessen - und das gleich vier Mal hintereinander. Die weltweite Durchschnittstemperatur erklomm vom 3. bis 6. Juli die höchsten Werte seit Beginn der Aufzeichnungen 1979. Der US-Sender CNN titelte, es handle sich wohl um die heißesten Tage auf der Erde seit 100.000 Jahren. Nordamerika erlebt dabei schon seit Monaten beispielloses Extremwetter: Im Norden verbrennen riesige Wälder, Regen fällt wie sonst nur einmal im Jahrtausend, Städte sind überschwemmt und der Süden leidet unter Rekordhitze. Die Schäden sind riesig - die Anstrengungen der Industrieländer überschaubar.
Es ist eigentlich egal, in welchen Teil der USA oder Kanadas man schaut: Wetterkatastrophen sind nie fern. Während die Überschwemmungen nach Starkregen in New York und Vermont im Nordosten der USA gerade zurückgegangen sind, ächzt der Südwesten gegenwärtig unter kaum aushaltbarer Hitze. Für mindestens 93 Millionen Menschen veröffentlichte der nationale Wetterdienst eine Warnung vor hohen Temperaturen. «Dies ist das Ergebnis eines Hochdruckrückens über dem Südwesten der USA, der sich im Laufe des Wochenendes verstärken wird», hieß es.
US-Medien sprachen von einer Hitzeglocke. In einigen Regionen im Süden der US-Bundesstaaten Kalifornien, Nevada und Arizona waren am Wochenende bis zu knapp 49 Grad erwartet worden. Weiter östlich in Texas, Louisiana und Mississippi müsse mit schwüler Hitze von bis zu 46 Grad gerechnet werden. Alle betroffenen Regionen würden es schwer haben, sich in der Nacht abzukühlen, so dass auch nach Sonnenuntergang kaum Erleichterung zu erwarten sei.
Trauriger Rekord in Kanada
Kanada stellt in diesem Jahr einen traurigen Rekord auf: Den Behörden zufolge sind bereits 100.000 Quadratkilometer Wald und andere Landschaften abgebrannt (Stand gestern) - eine Fläche größer als Ungarn. Kanada leidet damit unter der schlimmsten Waldbrand-Saison in seiner Geschichte. Rekordhitze und Rekordtrockenheit sorgten nicht nur für Feuer, sondern auch für apokalyptische Bilder. Nicht nur die US-Ostküstenmetropole New York versank zeitweise in einem dichten gelblichen Schleier des nach Süden ziehenden Rauches.
Kirsten Thonicke vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung bringt das Ausmaß der kanadischen Waldbrände in direkten Zusammenhang mit der fortschreitenden Klimakrise: «Der Winter in Kanada war zu trocken, das Frühjahr zu warm; in den arktischen Gebieten verstärkt sich die Wirkung des Klimawandels, hier war es viel zu warm», erklärt sie. Teilweise seien schon im Frühjahr über 30 Grad in Städten wie Toronto gemessen worden - 18 Grad wärmer als normal.
«Die Ursache dafür ist ein beständiges Hochdruckgebiet, welches warme und trockene Luft in die Region brachte. Mit zunehmendem Klimawandel werden diese Wetterkonstellationen immer stabiler, diese Situationen halten also immer länger an», so Thonicke weiter. Ökologisch seien die Megafeuer jedenfalls eine Katastrophe und gefährdeten die Erholungsfähigkeit der betroffenen Wälder und Tundragebiete. Und nicht nur hier schlagen Forschende Alarm: Im Süden Floridas ist die Wassertemperatur auf über 32 Grad gestiegen - und gefährdet das Überleben der Korallen in der Region akut.
Wie hoch sind bisher die Schäden?
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind sich über den Zusammenhang der jüngsten Wetterphänomene mit der Klimakrise einig. Doch während Aktivistinnen und Aktivisten mit immer polarisierenderen Aktion versuchen, sich Gehör zu verschaffen, tun Politik und Wirtschaft nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) noch immer nicht ansatzweise genug, um das Pariser 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Viele Expertinnen und Experten sehen es schon längst außer Reichweite.
Derweil steigen mit jedem Jahr die Schäden, die durch Wetter- und Klimakatastrophen anfallen. Offiziellen Angaben zufolge waren es im Jahr 2022 allein in den USA 176 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Der Durchschnittswert pro Jahr von 1980 bis heute liegt bei 58,5 Milliarden.
In New York trat zuletzt ein immer verzweifelter wirkender UN-Generalsekretär vor die Kameras. António Guterres hat den Kampf gegen die Klimakrise zu seinem zentralen Anliegen gemacht. Er predigt immer wieder, dass alle Länder ihre Anstrengungen deutlich verstärken müssten, um eine Reduzierung der Emissionen um 45 Prozent bis zum Ende des Jahrzehnts zu erreichen.
Und während Staaten noch immer um Kompromisse für die Zukunft ringen und radikale Maßnahmen außer Reichweite sind, zog Guterres vor einigen Tagen einen ebenso nüchternen wie schockierenden Schluss: «Die Situation, die wir derzeit erleben, ist ein Beweis dafür, dass der Klimawandel außer Kontrolle geraten ist.»
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