Israel und Deutschland unterzeichnen Raketenabwehr-Deal
Deutschland und Israel haben den Kauf des Raketenabwehrsystems Arrow 3 durch Berlin schriftlich vereinbart. Die Verteidigungsminister beider Länder, Boris Pistorius (SPD) und Joav Galant, unterzeichneten heute in Berlin eine Absichtserklärung über eine engere Zusammenarbeit.
«Es ist ohne Übertreibung ein historischer Tag für unsere beiden Nationen», sagte Pistorius nach der Unterzeichnung. Die russischen Angriffe in der Ukraine zeigten, wie wichtig die Luftabwehr sei. «Flugabwehr ist essenziell und gerade für uns in der Mitte Europas.»
Ein Zusatzvertrag, den die Beschaffungsbehörden beider Länder unterschrieben, ermöglicht den sofortigen Produktionsbeginn von Teilen, die lange Herstellungszeiten haben.
Luftabwehr im beginnenden Weltall
Mit Arrow 3 will sich Deutschland gegen mögliche Angriffe von Mittelstreckenraketen schützen - und die Nato-Verbündeten gleich mit. Der «Pfeil» kann feindliche Flugkörper in über 100 Kilometer Höhe und damit außerhalb der Atmosphäre im beginnenden Weltraum durch einen direkten Treffer zerstören.
Arrow besteht aus dem Gefechtsstand, Radarsensoren, Startgeräten mit je vier Lenkflugkörpern Arrow 3 sowie weiteren Peripherie-Geräten. Etwa 200 deutsche Soldaten sind künftig damit beschäftigt, das Waffensystem zu bedienen.
Historischer Moment
Israels Verteidigungsminister Galant sagte bei seinem ersten Amtsbesuch in Berlin, beide Länder hätten «mit zwei einfachen Unterschriften heute Geschichte geschrieben». Deutschland habe Israels Sicherheit stark unterstützt, «heute sind wir stolz, dass wir dasselbe für Deutschland tun, unseren strategischen Partner».
Fast 80 Jahre nach dem Holocaust sei «dies ein bewegender Moment für jeden Juden». Als Sohn und Enkel von Holocaust-Überlebenden sei dies für ihn auch persönlich bewegend. Die heutige Beziehung Israels zu Deutschland zeige, «dass Nationen ihren Weg ändern können». Deutschland sei heute ein anderes Deutschland.
Zahlung aus Sondervermögen
Die Kosten des Systems belaufen sich nach israelischen Angaben auf fast vier Milliarden Euro. Es ist der größte Rüstungsdeal in der israelischen Geschichte. Die USA hatten ihrem Bündnispartner Israel im vergangenen Monat die Erlaubnis erteilt, das Abwehrsystem zu verkaufen. Arrow 3 wurde gemeinsam von Israel und den USA entwickelt.
Im Juni hatten Haushalts- und Verteidigungsausschuss des Bundestags für den Kauf gestimmt. Das Geld soll aus dem 100-Milliarden-Sondervermögen stammen, das als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verabschiedet wurde. Ein abschließender Vertrag zu Arrow 3 soll nach der Billigung der nötigen Ausgaben durch den Haushaltsausschuss im Oktober unterzeichnet werden.
Arrow soll deutsche Fähigkeitslücke schließen
Dabei ist das Programm einer der Bausteine, um die nach dem Ende des Kalten Krieges weitgehend abgebaute Verteidigung gegen Angriffe aus der Luft wieder aufzubauen und um eine Fähigkeit zu erweitern. Die am Boden geschützte Fläche vergrößert sich, und schädliche Stoffe wie etwa Kampfstoffe sollen in großer Höhe möglichst gefahrlos zerstäuben. Militärs sprachen bisher von einer «Fähigkeitslücke bei der Bekämpfung ballistischer Flugkörper in der oberen Abfangschicht».
Binnen rund zwei Jahren will Deutschland nach Angaben aus dem Verteidigungsministerium eine erste Einsatzbereitschaft («Anfangsbefähigung») erreichen. Dann soll eins von später insgesamt drei Systemen einsatzbereit sein. Als Standort dafür ist der Luftwaffenstützpunkt Holzdorf vorgesehen, auf der Landesgrenze zwischen Brandenburg und Sachsen-Anhalt gelegen. Die sogenannte Vollbefähigung ist bis 2030 geplant.
Wie hoch ist die Treffsicherheit von Arrow 3?
Zur Treffsicherheit von Arrow 3 sagte Verteidigungsminister Galant, diese werde zwar sehr hoch sein, «aber nicht 100 Prozent» betragen. Man arbeite jedoch ständig an technischen Verbesserungen des Systems und werde diese auch Deutschland zum Schutz seiner Bürger zur Verfügung stellen.
Kritik an dem Kauf von Arrow 3 hatte es unter anderem aus Frankreich gegeben. Paris hatte sich dafür ausgesprochen, eher die europäische Verteidigungsindustrie zu favorisieren. Pistorius sagte dazu in Berlin, man habe «keine Zeit, um eine eigene europäische Lösung zu entwickeln». Man brauche «jetzt den Schutz unseres Himmels».
Pistorius verwies dabei auf das Projekt Essi (European Sky Shiel Initiative), zu dem auch Arrow 3 gehört. Essi soll helfen, Lücken im Nato-Schutzschirm für Europa zu schließen. Mittlerweile beteiligen sich 19 Staaten an dem Projekt. Frankreich ist nicht dabei. Pistorius sagte: «Jeder ist willkommen, bei Essi mitzumachen.»
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