Gipfel gegen Kolumbien - «Wissen, was auf uns zukommt»
Im dunklen Blazer und dem Maskottchen «Waru» in den Händen scherzte Alexandra Popp mit Marina Hegering, auch Laura Freigang und Sydney Lohmann hatten jede Menge Spaß. Demonstrativ gaben die deutschen Fußballerinnen bei der Platzbegehung im Stadion von Sydney einen Tag vor dem Gruppengipfel gegen Kolumbien ein fröhliches und zuversichtliches Bild ab.
Gegen den Südamerika-Vizemeister, da sind sich alle sicher, wird es für die DFB-Frauen bei der Weltmeisterschaft in Australien am Sonntag (11.30 Uhr MESZ/ARD) erstmals richtig zur Sache gehen.
«Wir wissen, was mit Kolumbien für eine Qualität auf uns zukommt», erklärte Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg bei der Abschlusspressekonferenz am Samstag noch einmal. «Wir wollen unser Spiel machen, wir wollen unsere offensive Qualität und unsere defensive Stabilität ins Spiel bringen. Ich bin wirklich davon überzeugt, dass ein sehr enges Spiel geben wird, ein sehr attraktives Spiel, ein sehr intensives Spiel.»
Körperliches Spiel erwartet
Nach dem 6:0 zum Auftakt gegen Marokko erwartet die Vize-Europameisterinnen vor allem ein körperliches Spiel. Die Kolumbianerinnen hatten kurz vor dem WM-Turnier für Schlagzeilen gesorgt: Irland brach die Testspielpartie wegen der «Überhärte» des Gegners ab. «Die werden uns, glaube ich, ständig auf den Füßen stehen», sagte Spielmacherin Lina Magull vom FC Bayern, ergänzte aber auch: «Wir werden die gewisse Härte im Spiel auch annehmen. Das ist nichts Neues für uns.»
Bei der Besichtigung der Spielarena war am Samstag auch Felicitas Rauch dabei, schaute aber eher etwas gequält: Dass sich die Linksverteidigerin vom VfL Wolfsburg bei der letzten Trainingseinheit im DFB-Camp eine Stauchung im Knie zugezogen hat, verschärft die Verletzungssorgen von Voss-Tecklenburg. «Trotzdem sind wir froh, dass es keine noch schlimmere Diagnose gegeben hat«, sagte die 55-Jährige. «Ich kann nicht konkret sagen, wie lang die Ausfallzeit sein wird.»
Schnell waren in dem Moment Gedanken an zwei deutsche Abwehrspielerinnen aufgekommen, die wegen Kreuzbandrissen in Australien fehlen: Giulia Gwinn hatte sich diese schwere Verletzung bereits im vergangenen Jahr zugezogen, schaffte es aber ohne Spielpraxis nicht mehr in den WM-Kader. Bei ihrer Bayern-Kollegin Carolin Simon geschah das Unglück im letzten Testspiel vor dem Turnier gegen Sambia.
Verletzungssorgen
«Das ist die dritte Außenverteidigerin, die uns aufgrund einer Verletzung wegbricht», klagte Voss-Tecklenburg, betonte aber, dass dies die Mannschaft eher zusammenschweiße: «Diese Herausforderung werden wir als gesamtes Team annehmen, daraus ziehen wir auch Energie. Wir helfen uns jetzt erst recht und wir haben vollstes Vertrauen in jede einzelne Spielerin.»
Rauch könnte gegen Kolumbien von ihrer künftigen Wolfsburger Clubkollegin Chantal Hagel (bisher TSG Hoffenheim) ersetzt werden. Viel versprechen sich alle im DFB-Tross von der erwarteten Rückkehr von Lena Oberdorf: Die Mittelfeld-Abräumerin hat ihre Muskelblessur im Oberschenkel offenbar auskuriert. Unklar ist, ob Abwehrchefin Marina Hegering (beide VfL Wolfsburg), die mächtig Trainingsrückstand hat nach ihrer Fersenprellung, auflaufen wird.
Gerade das Verletzungsrisiko sieht Ex-Nationalspielerin Tabea Kemme «als größte Gefahr» für die deutschen Frauen in Australien. «Beim DFB-Team befinden sich einige Spielerinnen mit Blessuren, dazu hat sich am Freitag Felicitas Rauch das Kniegelenk verstaucht», schrieb die 31 Jahre alte Olympiasiegerin von 2016 in ihrer Kolumne für das Nachrichtenportal «t-online». «Es wäre auch für den weiteren Turnierverlauf elementar, dass sich keine weiteren Verletzungen dazugesellen.»
Linda Caicedo geht es nach Schwächeanfall gut
Derweil sieht Kolumbiens Trainer Nelson Abadía seine Topstürmerin Linda Caicedo trotz ihres Schwächeanfalls beim Training am Sonntag auf dem Platz. «Linda geht's gut», erklärte der 67-Jährige, der gegen Deutschland noch eine Sperre absitzt und nur von der Tribüne aus zusehen darf. «Das war nur ein Vorfall, er ist total überwunden. Linda ist sehr wichtig für unser Spiel.» Die 18-Jährige von Real Madrid war beim Training am Donnerstag zusammengesackt, konnte die Übungseinheit nach kurzer Behandlung aber fortsetzen.
Unter anderem Caicedo hat dafür gesorgt, dass der Frauenfußball in Kolumbien einen Riesenaufschwung genommen hat. Auch Voss-Tecklenburg schwärmt von «dieser Leidenschaft für den Fußball, diese absolute Liebe zum Fußball. Diese grandiose Entwicklung ist spürbar, ist greifbar.» Abadía spürt «diese große Energie im ganzen Land.» Die wollen seine Spielerinnen in diese ganz besondere WM-Partie mitnehmen. Der Chefcoach nannte sprach mehrfach von Deutschlands ruhmreicher Fußball-Historie. Die DFB-Männer-Auswahl hatte aber kürzlich in Gelsenkirchen ein Testspiel gegen Kolumbien mit 0:2 verloren. «Für mich ist das ein spektakuläres Spiel, das jeder Fußballer gerne spielen würde», sagte er vor dem Aufeinandertreffen der Frauen.»
Die voraussichtlichen Aufstellungen:
Deutschland: 1 Frohms - 9 Huth, 3 Hendrich, 23 Doorsoun, 2 Hagel - 6 Oberdorf - 20 Magull, 13 Däbritz - 22 Brand, 11 Popp, 19 Bühl
Kolumbien: 1 Perez - 17 C. Arias, 19 Carabali, 3 D. Arias, 2 Vanegas - 5 Bedoya Durango, 6 Montoya - 11 Usme, 10 Santos, 18 Caceido - 9 Ramirez
Schiedsrichterin: Melissa Borjas (Honduras)
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