Faeser weist Vorwürfe zum Ex-BSI-Chef zurück
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat Vorwürfe zurückgewiesen, sie habe Arne Schönbohm zu Unrecht von der Spitze des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) entfernt.
Mit großer Empörung wandte sie sich gestern in der Haushaltsdebatte des Bundestags zudem gegen den von Unionspolitikern geäußerten Verdacht, sie habe zur Rechtfertigung dieses Schritts damals womöglich den Verfassungsschutz instrumentalisiert.
An die Adresse der Unionsfraktion sagte die SPD-Politikerin, die auch Spitzenkandidatin für die Landtagswahl in Hessen ist: «Bleiben Sie bei den Fakten und überlassen Sie es doch der CDU in Hessen, Wahlkampf zu machen!» Faeser warf den CDU/CSU-Abgeordneten vor, sie «mit Dreck zu bewerfen». Eine Nachfrage der Union während ihrer Rede ließ sie nicht zu.
Schönbohm verlangt Schadenersatz
Der Ministerin war vorgeworfen worden, den früheren BSI-Präsidenten im Herbst 2022 ohne triftigen Grund von seinen Aufgaben entbunden zu haben. Zuvor hatte die Satiresendung «ZDF Magazin Royale» von Jan Böhmermann eine Nähe Schönbohms zu einem Verein groß thematisiert, der wegen angeblicher Kontakte zu russischen Geheimdiensten in die Kritik geraten war.
Es war dann aber kein Disziplinarverfahren eröffnet worden: Das Ministerium habe Schönbohms Anwälten mitgeteilt, dass die Voruntersuchungen keine Anhaltspunkte für ein solches Verfahren gebracht hätten, hatte im Mai das Portal «Business Insider» berichtet. Eine Ministeriumssprecherin hatte daraufhin erklärt, ihr Haus könne sich zu Personalien «grundsätzlich nicht äußern». Schönbohm verlangt vom Bund inzwischen Schadenersatz.
Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU), sagte, Faeser hätte im Innenausschuss zu dem Verdacht Rede und Antwort stehen müssen, sie habe den Verfassungsschutz instrumentalisiert, um ihr Agieren in der Causa Schönbohm zu rechtfertigen. Dass sie dies nicht getan habe, sei eine Missachtung des Parlaments, kritisierte der CDU-Abgeordnete Christoph de Vries.
Faeser betonte ihrerseits: «Es gab von mir keinerlei nachrichtendienstliche Abfragen.» Entsprechende Äußerungen ihrer politischen Gegner seien «völliger Unsinn». Sie habe das BSI angesichts der gestiegenen Bedrohung durch Cyberangriffe gestärkt. Mit Claudia Plattner stehe nun eine international renommierte Experten an der BSI-Spitze.
Kritik an Faeser
Die Ministerin hatte gestern Morgen nicht an einer kurzfristig anberaumten Sitzung des Innenausschusses über die umstrittene Abberufung des Cybersicherheitschefs teilgenommen. Sie ließ sich von einer Parlamentarischen Staatssekretärin vertreten.
«Anstatt die Vorwürfe aufzuklären, missachtet Nancy Faeser mit an den Haaren herbeigezogen Begründungen das gesamte Parlament», sagte CSU-Generalsekretär Martin Huber. Die Ministerin gebe sich noch nicht einmal Mühe, sich glaubwürdige Ausreden zu überlegen. Faeser sei als Ministerin überfordert. «So jemand kann kein Bundesland regieren», sagte er mit Blick auf die Hessen-Wahl am 8. Oktober.
Kühnert: Angriffe zeugen von CDU-Nervosität
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hält der Union vor, Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vor allem aus Wahlkampfgründen in der Causa Schönbohm zu attackieren. «Angesichts der schrillen CDU-Angriffe auf Innenministerin Nancy Faeser wird klar: Das konservative Lager wird vor der Hessen-Wahl nervös», sagte Kühnert der Deutschen Presse-Agentur.
Dass kaum jemand im Land den amtierenden hessischen Ministerpräsidenten kenne, sei nicht die Schuld der SPD, sagte Kühnert weiter. «Wir verwahren uns dagegen, dass Angriffe auf unsere bekannte hessische Spitzenkandidatin und Bundesinnenministerin Nancy Faeser dem öden CDU-Wahlkampf nun zu mehr Aufmerksamkeit verhelfen sollen.» Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) regiert das Bundesland mit einer schwarz-grünen Koalition.
Bereits am Dienstag hatte Faeser an einer Sitzung des Innenausschusses, bei der es um die Absetzung des BSI-Chefs ging, nicht teilgenommen. CDU und CSU hatten anschließend eine erneute Sitzung gefordert, um die Befragung nachzuholen. Die Ampel-Koalition lehnte dies ab. Nach der Geschäftsordnung des Bundestags ist eine Einberufung zum nächstmöglichen Zeitpunkt allerdings verpflichtend, «wenn es eine Fraktion im Ausschuss oder mindestens ein Drittel der Mitglieder des Ausschusses unter Angabe der Tagesordnung verlangt».
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