EnBW plant mit kräftigem Wachstum und mit Kohleausstieg 2028
Inmitten von Energiekrise und Energiewende rechnet die EnBW als drittgrößter Versorger Deutschlands im laufenden Jahr mit einem enormen Wachstum und will schon 2028 komplett aus Kohle aussteigen. Wichtig dafür seien ein beschleunigter Ausbau der erneuerbaren Energien und der Netze, sagte der neue Vorstandsvorsitzende Andreas Schell am Montag in Stuttgart. Die Politik müsse die Rahmenbedingungen schaffen. «Wir nehmen unsere Verantwortung wahr. Damit können wir aber nicht allein bleiben.» Schell betonte, in der Planung des Karlsruher Konzerns sei 2028 das bestmögliche Jahr für den Kohleausstieg, nicht das frühestmögliche.
Das bereinigte operative Ergebnis (adjusted Ebitda) der EnBW betrug den Angaben nach im vergangenen Jahr 3,29 Milliarden Euro nach 2,96 Milliarden Euro 2021, ein Plus von 11 Prozent. Mit einem Anstieg von mehr als 39 Prozent auf 1,11 Milliarden Euro seien die erneuerbaren Energien vergangenes Jahr erstmals das ergebnisstärkste Geschäftsfeld gewesen, teilte der Konzern mit. «Wir haben den finanziellen Spielraum, um unsere Ziele umzusetzen», betonte Schell. «Bis zum Jahr 2035 wollen wir komplett klimaneutral sein.»
Prognose: Plus von rund 50 Prozent oder mehr im laufenden Jahr
Für 2023 erklärte Finanzvorstand Thomas Kusterer: «Wir gehen davon aus, dass unser adjusted Ebitda in einer Bandbreite von 4,7 bis 5,2 Milliarden Euro liegen wird.» Auch hier rechnet die EnBW insbesondere im Geschäftsfeld «Nachhaltige Erzeugungsinfrastruktur» mit einem deutlichen Anstieg beim Ergebnis. Gerade thermische Erzeugung und Handel spielten dabei eine wichtige Rolle, führte Kusterer aus. Im vergangenen Jahr habe es zudem beispielsweise hohe Einmalbelastungen für die angeschlagene Gas-Tochter VNG gegeben, die nun wegfielen.
Angesichts des russischen Angriffskriegs in der Ukraine hat sich das Unternehmen eigenen Angaben zufolge in kürzester Zeit von russischem Gas und russischer Kohle unabhängig gemacht. Eine sichere Versorgung mit Energie sei aus anderen Bezugsquellen sichergestellt worden. Kohle beziehe die EnBW nun etwa aus Nordamerika und Afrika. 2021 seien noch mehr als 80 Prozent aus Russland gekommen.
EnBW fordert Tempo und appelliert an Politik
«Die Energiewende muss aber mehr Geschwindigkeit aufnehmen, wenn wir unseren Energiebedarf decken und die Klimaziele erreichen wollen», betonte Vorstandschef Schell. Die Planungszeiten etwa seien zu lang, auch wenn sich hier vieles tue. Die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen im Bund und Land müssten stimmen. Es brauche ein «marktwirtschaftliches Energiemarkt-Design».
Der Konzernüberschuss der EnBW stieg im Vergleich zum Vorjahr laut der Mitteilung von rund 363 Millionen auf 1,7 Milliarden Euro. Die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wuchs demnach auf 26 980. Das seien 3,5 Prozent mehr gewesen als ein Jahr zuvor.
EnBW ist seit 2011 größtenteils im Besitz der öffentlichen Hand. Das Land Baden-Württemberg sowie der Zusammenschluss OEW von neun oberschwäbischen Landkreisen halten je fast 47 Prozent an dem Konzern. Dieser versorgt rund 5,5 Millionen Kundinnen und Kunden.
Milliardeninvestitionen in Erneuerbare und Netze
Die Investitionen des Konzerns etwa in Windparks und den Ausbau der Stromtransportnetze lagen mit rund 3,2 Milliarden Euro um 12 Prozent über jenen des Vorjahres. Bis 2025 plane EnBW Bruttoinvestitionen in Höhe von 14 Milliarden Euro, hieß es. Etwa drei Viertel davon sollten in den drei Jahren in den Ausbau der Netze und der erneuerbaren Energien fließen, «also in die Umsetzung der Energiewende».
Auch immer mehr Menschen beteiligen sich an der Energiewende. Die EnBW-Tochter Netze BW habe im vergangenen Jahr den Rekord von mehr als 40 000 Einspeiseanträgen für Strom erhalten, sagte Schell. Das sei ein Anstieg um 78 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das Gros der Anträge beziehe sich auf Photovoltaikanlagen. Zudem habe es rund 20 000 Anfragen für private Wallboxen gegeben, mittels derer man Elektroautos zu Hause laden kann. Dieser Wert sei unverändert hoch.
Schell hatte Mitte November 2022 die Nachfolge von Frank Mastiaux angetreten, der den einstigen Atomstromer auf einen Kurs hin zu erneuerbaren Energien gebracht hat. Neben dem Thema Versorgungssicherheit in Zeiten des Krieges wird in diesem Jahr auch der Teilverkauf von TransnetBW eine Rolle spielen. EnBW will Mehrheitsgesellschafter an dem Übertragungsnetzbetreiber bleiben. Mitte April soll im Zuge des Atomausstiegs in Deutschland zudem Neckarwestheim 2 als letztes Kernkraftwerk der EnBW vom Netz gehen.
Links
© dpa-infocom, dpa:230327-99-103142/3