Das muss man nach der Bundestagswahl im Südwesten wissen
24.02.2025
Der Blick auf die Wahlkreiskarte in Baden-Württemberg zeigt: Die CDU hat die Wahl im Südwesten klar gewonnen, bis auf drei kleine grüne Punkte ist das Bundesland schwarz eingefärbt. Grund zum Jubeln haben trotzdem nicht alle CDU-Kandidaten, denn einige ziehen trotz eines Sieges im Wahlkreis nicht in den Bundestag ein. Warum das so ist und was man nach der Bundestagswahl im Südwesten noch wissen muss:
Neues Wahlrecht trifft CDU hart
Bereits vor der Bundestagswahl war klar, dass das neue Wahlrecht Auswirkungen auf Baden-Württemberg haben wird. Am Tag nach der Wahl zeigt sich auch, wie stark: Sechs Kandidatinnen und Kandidaten der CDU ziehen nicht in den Bundestag ein, obwohl sie in ihren Wahlkreisen die meisten Stimmen bekommen haben - so viele wie in keinem anderen Bundesland.
Betroffen sind Melis Sekmen (Mannheim), Christoph Naser (Tübingen), Alexander Föhr (Heidelberg), Maximilian Mörseburg (Stuttgart II), Moritz Oppelt (Rhein-Neckar) und Stefan Glaser (Lörrach-Müllheim).
Grund dafür ist das geänderte Wahlrecht, das bei der Bundestagswahl erstmals galt. Es hat zur Folge, dass Wahlkreissieger nur noch dann ein Mandat bekommen, wenn ihre Partei auf genügend Zweitstimmen kommt, anderenfalls gehen die siegreichen Direktkandidaten leer aus. Dafür entfallen die früher üblichen Überhang- und Ausgleichsmandate. Künftig hat der Bundestag nur noch 630 Abgeordnete statt aktuell 733.
CDU-Landeschef Manuel Hagel kritisierte das schon am Wahlabend als undemokratisch. Es sei das erste Mal in der deutschen Geschichte der Fall, dass die Abgeordneten, die von den Menschen in der Heimat direkt gewählt würden, nicht automatisch in den Bundestag einziehen würden, sagte er dem SWR. «Die Menschen werden an der Nase herumgeführt», meinte er. «Das geht aus unserer Sicht nicht.» Das Wahlrecht müsse erneut reformiert werden.
Drei Wahlkreise ohne eigene Abgeordnete
Der Nicht-Einzug mehrerer Wahlkreissieger hat im Südwesten auch zur Folge, dass drei Wahlkreise überhaupt keinen Abgeordneten nach Berlin schicken. Weil die Direktkandidaten nicht zum Zug kamen und zugleich kein anderer Bewerber über die Landeslisten der Parteien den Einzug in den Bundestag schaffte, entsenden die Wahlkreise Tübingen, Stuttgart II und Lörrach nach Angaben der Bundeswahlleiterin künftig keinen Vertreter ins Parlament.
Auch daran gibt es Kritik. «Ich halte das für grob falsch», schrieb Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (parteilos) auf Facebook. «Menschen müssen sich in der Demokratie vertreten fühlen. Ohne Abgeordneten ist das besonders schwer.»
Die Sieger: CDU, AfD und Linke
Abgesehen von den Direktkandidaten, die nicht in den Bundestag einziehen, kann die CDU im Südwesten die Bundestagswahl als Erfolg verbuchen. Sie gewann die Wahl dem vorläufigen amtlichen Endergebnis zufolge klar mit 31,6 Prozent der Stimmen - und schnitt damit auch besser ab als im Bundesschnitt. Die AfD wurde zweitstärkste Kraft im Südwesten und verdoppelte sich auf 19,8 Prozent.
Auch die Linke konnte ihr Wahlergebnis von 2021 mehr als verdoppeln: Sie kam im Südwesten auf 6,8 Prozent der Stimmen. Deutlich angestiegen ist auch das Interesse der Wählerinnen und Wähler an der Abstimmung. Die Wahlbeteiligung stieg um mehr als fünf Prozentpunkte auf 83,4 Prozent.
Die Verlierer: Grüne, SPD, FDP und BSW
Der größte Verlierer im Südwesten ist nach Zahlen die FDP. Sie hätte zwar im Südwesten die Fünf-Prozent-Hürde mit 5,6 Prozent knapp übersprungen, verlor aber im Vergleich zur letzten Bundestagswahl im Jahr 2021 9,7 Prozentpunkte. Abgestürzt ist auch die SPD, sie kam auf 14,2 Prozent und verlor damit mehr als sieben Prozentpunkte.
Die im Südwesten regierenden Grünen kamen auf 13,6 Prozent, ein Minus von 3,6 Prozentpunkten. Das Bündnis Sahra Wagenknecht, das zum ersten Mal bei der Bundestagswahl antrat, kam im Südwesten aus dem Stand auf 4,1 Prozent der Stimmen, scheiterte aber auf Bundesebene an der Fünf-Prozent-Hürde.
Die Promis: Fast alle schaffen den Einzug ins Parlament
Die bekannten Gesichter auf den Wahlzetteln im Südwesten schafften fast alle den Einzug ins neue Parlament. AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel, die in ihrem Wahlkreis am Bodensee deutlich hinter dem CDU-Kandidaten lag und das Direktmandat verpasste, zieht über die Liste dennoch ins Parlament ein. Auch SPD-Parteichefin Saskia Esken musste eine Niederlage in ihrem Wahlkreis Calw einstecken. Sie bleibt aber über die Landesliste abgesichert und weiter Bundestagsabgeordnete.
Das gilt auch für Grünen-Chefin Franziska Brantner im Wahlkreis Heidelberg und die frühere Grünen-Chefin Ricarda Lang im Wahlkreis Backnang-Schwäbisch Gmünd. Beide Politikerinnen verloren im Wahlkreis, ziehen aber ein.
Die Abgeordnete Melis Sekmen gewann nach ihrem Wechsel von den Grünen zur CDU den Wahlkreis Mannheim zwar knapp. Doch das Ergebnis reichte nicht für den Einzug in den Bundestag. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Abgeordneten im Bundestag, Thorsten Frei, gewann dagegen im Wahlkreis Schwarzwald-Baar mit mehr als 40 Prozent der Erststimmen und zieht damit in den Bundestag ein, ebenso wie CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter, der im Wahlkreis Aalen-Heidenheim sein Direktmandat verteidigte.
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