Eine Familie in ihrem Zimmer in einer Asylunterkunft in Olching bei München. Die Kapazitäten der Einrichtungen in Bayern sind überstrapaziert., © Peter Kneffel/dpa
Eine Familie in ihrem Zimmer in einer Asylunterkunft in Olching bei München. Die Kapazitäten der Einrichtungen in Bayern sind überstrapaziert. Peter Kneffel/dpa, dpa
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Bayerische Landkreise schlagen wegen Flüchtlingszahlen Alarm

22.09.2023

Die bayerischen Landkreise schlagen angesichts der hohen Flüchtlingszahlen Alarm und fordern die Bundesregierung dringend zum Gegensteuern auf.

In einem umfassenden Forderungskatalog verlangen sie unter anderem eine «erhebliche Begrenzung und Steuerung» illegaler Migration, die konsequente Ausweisung nicht aufenthaltsberechtigter Ausländer und eine stärkere Unterstützung der Kommunen bei der Unterbringung, Versorgung und Integration. Der «fortwährende Notfallmodus» müsse beendet werden.

Und: Asylbewerber mit geringer Bleibeperspektive sollten in zentralen Aufnahmeeinrichtungen des Bundes und der Länder untergebracht werden und nicht mehr vorzeitig in die Fläche weiterverteilt werden. «Diese Unterbringungskapazitäten sind zu erhöhen.» Die Ankerzentren in Bayern sind entweder überfüllt oder nahezu komplett ausgelastet.

«Wir sind in einer Situation, wo wir eigentlich eine vernünftige Unterbringung kaum mehr gewährleisten können», sagte der Präsident des bayerischen Landkreistags, Thomas Karmasin, am Freitag beim Besuch mehrerer Flüchtlingsunterkünfte der Deutschen Presse-Agentur.

Improvisation an der Tagesordnung

Wann «überhaupt nichts mehr geht», sei schwer zu sagen - «weil wir sind bereits beim Status der Zelte angelangt. Zelte kann man natürlich gegebenenfalls immer noch aufstellen.» Vielerorts müssten die Landkreise aber schon lange improvisieren. «Es gibt Kollegen, die Menschen auf Schiffen unterbringen auf der Donau. Ich selber habe Tiefgaragen schon prüfen lassen auf ihre statische Eignung und so weiter. Natürlich geht das immer noch, aber das sind ja keine ernstzunehmenden Lösungen mehr. Das sind ja skurrile Zustände, die man eigentlich auch nicht mehr als menschenwürdig bezeichnen kann.»

Abgesehen von Engpässen bei der Unterbringung warnte Karmasin insbesondere davor, dass die Integration der vielen Menschen kaum mehr möglich sei. Viele hätten praktisch keine Perspektive. «Sie werden auf absehbare Zeit keinen Wohnraum finden. Sie werden sich im Arbeitsmarkt kaum integrieren können. Es fehlt an allen Ecken und Enden, einfach an Ressourcen, auch für die vielen Kinder, an Kinderbetreuungsplätzen, an Schulplätzen. Es fehlt im Bereich der medizinischen Versorgung. Also es fehlt einfach insgesamt an all dem, was hinterher ein Leben in unserer Gesellschaft möglich macht.»

Der Fürstenfeldbrucker Landrat warnte: «Und das ist noch viel schlimmer, als kurzfristig einen Schlafplatz zur Verfügung zu stellen.»

Mit Blick auf die kommenden Monate habe er «erhebliche Bedenken», sagte Karmasin. Nämlich dass irgendwann ein «Kipppunkt» überschritten werde, bei dem die vielen Menschen schlichtweg nicht mehr integriert werden könnten. «Und dann haben wir hier Zustände, auch innergesellschaftlich, die es ganz, ganz schwierig machen.»

«Das Kanzleramt verschließt die Augen schlichtweg», kritisierte Karmasin. Man habe mehrfach versucht, sich auch an den Kanzler zu wenden - und habe vergeblich auf eine Reaktion gewartet. Die Bundesregierung müsse das Problem endlich ernsthaft angehen.

© dpa-infocom, dpa:230922-99-293370/2