Artenschützer verfolgen Kiebitze per Sender
Sie sehen aus, als hätten sie einen Rucksack dabei: Mit kleinen Sendern ausgestattete Kiebitze sollen die Erfolge eines Artenschutzprojekts in Baden nachvollziehbar machen. Erstmals seien acht der im Karlsruher Zoo geschlüpften Tiere mit der Mini-Technik ausgestattet, sagte Direktor Matthias Reinschmidt. Fünf von ihnen wurden nun bei Baden-Baden ausgewildert. Bis vor kurzem seien derartige Sender noch zu groß für die Vögel gewesen, erklärte der Zoodirektor. «Jetzt können wir gucken, wohin sie fliegen.»
Bis dato seien die Tiere nur beringt worden. Diese Ringe tauchten in der Regel maximal dann wieder auf, wenn ein Tier tot gefunden wurde. Da wisse man aber nicht, wo es zwischendurch war - ob es etwa nach Spanien oder Frankreich geflogen oder in Deutschland geblieben ist.
Seit vier Jahren beteiligt sich der Zoo an dem Artenschutzprojekt. Angefangen hatte es ein Jahr früher mit ebenfalls sehr seltenen Großen Brachvögeln. Um diese kümmert sich der Biologe Martin Boschert im Auftrag der Regierungspräsidien Karlsruhe und Freiburg.
Doch auch der Kiebitz ist gefährdet: Der Bestand in Deutschland brach in den vergangenen 30 Jahren um 94 Prozent ein, wie Reinschmidt sagte. «Wir sehen, wie es rapide runtergeht.» Dabei spielten Faktoren wie Insektensterben, Klimaerwärmung und Landwirtschaft eine Rolle.
Boschert sammle die Eier nun in gefährdeten Brutgebieten am Oberrhein, damit diese nicht von Traktoren zerstört werden. Im Zoo werden sie dann bei 37,2 Grad in Brutkästen ausgebrütet. Tierpfleger kümmern sich um die Küken, wobei die Tiere möglichst wenig Kontakt zu Menschen haben sollen - denn sie sollen wieder in die freie Natur.
Neben der Region Baden-Baden nutzt der Zoo dafür die Saalbachauen bei Hambrücken (Landkreis Karlsruhe). 123 Kiebitze und 15 Brachvögel habe der Zoo über die Jahre ausgewildert, sagte Direktor Reinschmidt.
Der Kiebitz (Vanellus vanellus) ist nach Angaben der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) in etwa so groß wie eine Taube. Besonders auffällig sei ein keck nach hinten gerichteter, langer Federschopf am Kopf. Aus der Ferne erscheine die Oberseite des Gefieders schwarz, aus der Nähe dunkel-metallisch-grün angehaucht.
«Wer einen Kiebitz im Flug beobachtet, denkt unwillkürlich an einen fliegenden Waschlappen», schreiben die LUBW-Fachleute weiter im Internet. «Das mag sich zwar nicht sehr schmeichelhaft anhören, doch treffender kann man die Flugbewegungen des Vogels nicht beschreiben.» Namensgebend sei übrigens sein typischer Alarmruf gewesen: kiju-wit.
Der Naturschutzbund (Nabu) Baden-Württemberg teilte mit, an der Saalbachniederung seien Flachgewässer angelegt worden. Das Areal habe sich dadurch zu einem überregional bedeutsamen Brut- und Rastgebiet für Vögel entwickelt. «So findet auch der Kiebitz als Wiesenbrüter hier wieder einen passenden Lebensraum», erklärte eine Sprecherin.
Das Gebiet solle künftig als Naturschutzgebiet ausgewiesen werden. Die Artenschutzstiftung Zoo Karlsruhe sei mit der Nabu-Gruppe Hambrücken eine langfristige Kooperation eingegangen, die den Erhalt und die sukzessive Vergrößerung des Geländes garantieren soll.
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