AfD scheitert bei Oberbürgermeisterwahl in Nordhausen
Erst Sonneberg, dann Nordhausen - die Rechnung ist für die AfD in Thüringen nicht aufgegangen. Die Partei konnte nach dem Landratsamt in Sonneberg nicht das sicher geglaubte Oberbürgermeisteramt in Nordhausen erobern. Ihre Hoffnung auf ein zweites kommunales Spitzenamt platzte in der Nordthüringer Industrie- und Hochschulstadt. Dort hatten sich einen Tag vor der Stichwahl viele Menschen und Organisationen bei einem Fest für eine Stadt ohne einen AfD-Politiker an der Rathausspitze eingesetzt.
Als der Trend der Stichwahl deutlich wurde, versammelten sich am Abend vor dem Ratssaal bereits Dutzende Menschen und jubelten. In ersten Reaktionen anderer Parteien sowie der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora, die am Stadtrand von Nordhausen liegt, klang Erleichterung mit. In Thüringen wird die AfD mit ihrem Chef Björn Höcke vom Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextrem eingestuft und beobachtet.
Wie die Wahl ausging
Nach langem Kopf-an-Kopf-Rennen setzte sich nach dem vorläufigen Ergebnis der parteilose Amtsinhaber Kai Buchmann quasi im Endspurt bei der Stichwahl durch. Er erhielt 54,9 Prozent der Stimmen. Der AfD-Kandidat Jörg Prophet, ein 61 Jahre alter Unternehmen, kam auf 45,1 Prozent. Dabei war er mit der deutlich besseren Ausgangsposition in die Entscheidung gegangen. Prophet erzielte im ersten Durchgang am 10. September 42,1 Prozent der Stimmen, Buchmann nur 23,7 Prozent. Als das Ergebnis der Stichwahl bekannt wurde, brach langanhaltender Jubel im Ratssaal aus. Buchmann ging umher und reichte jubelnden Anhängern seine Hände und umarmte Mitstreiter. Die Wahlbeteiligung lag bei 59,3 Prozent.
Was die Kontrahenten sagen
AfD-Mann Prophet räumte seine Niederlage schon vor Bekanntgabe des Ergebnisses ein. «Wir haben einen neuen Oberbürgermeister. Der Herr Prophet ist die Nummer zwei bei dieser Wahl geworden», sagte der Unternehmer. Buchmann sagte, er sei «sehr froh» über das Ergebnis. Er wolle die kommenden sechs Jahre versuchen, das «beste für die Stadt herauszuholen». Er habe in den vergangenen zwei Wochen eine große Mobilisierung in der Stadt beobachtet.
Reaktionen zum Wahlergebnis
Die Leitung der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora äußerte sich erleichtert. Die Wähler in Nordhausen hätten sich für eine weltoffene, vielfältige Stadt entschieden, die sich ihrer historischen Verantwortung bewusst sei, sagte der Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Jens-Christian Wagner. «Gleichwohl zeigen die vielen Stimmen für den offen geschichtsrevisionistisch auftretenden AfD-Kandidaten, dass die aufgeklärte Erinnerungskultur als Grundkonsens unserer Demokratie akut gefährdet ist.»
Die bisherigen AfD-Erfolge in Kommunen
Die AfD, die bundesweit vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft ist, gewann seit Ende Juni nicht nur die Landratswahl in Thüringen, sondern auch eine Bürgermeisterwahl in der Kleinstadt Raguhn-Jeßnitz in Sachsen-Anhalt. Den Anfang machte der Landkreis Sonneberg in Südthüringen, wo der Jurist Robert Sesselmann erster Landrat der AfD wurde. Die Partei kommt in repräsentativen Umfragen nicht nur in Thüringen, sondern auch Sachsen und Brandenburg auf Werte von mehr als 30 Prozent - in den drei Bundesländern sind 2024 Landtagswahlen.
Ob die AfD-Erfolgsserien in den Kommunen nach Nordhausen gebrochen ist, bleibt abzuwarten. Das werden die nächsten Wahlen in Sachsen-Anhalt und Brandenburg zeigen. Bei der Wahl zum neuen Oberbürgermeister von Bitterfeld-Wolfen in Sachsen-Anhalt bekam heute der AfD-Kandidat Henning Dornack im ersten Wahlgang die meisten Stimmen - 33,8 Prozent. Amtsinhaber Armin Schenk (CDU) erhielt 29,1. Beide müssen am 8. Oktober zur Stichwahl antreten.
Angst vor Normalisierung
Vor allem Vertreter der rot-rot-grünen Regierungskoalition in Thüringen waren besorgt vor der Wahl. Ein erneuter AfD-Erfolg nach Sonneberg könnte eine «Normalisierung einer rechtsextremen Partei» bedeuten, hatte Linke-Fraktionschef Steffen Dittes gewarnt. In Thüringen werden 2024 landesweit neben dem Landtag auch die Mitglieder der Kommunalparlamente, Bürgermeister, Oberbürgermeister und Landräte gewählt.
Bereits jetzt hat die Partei von AfD-Rechtsaußen Björn Höcke auch jenseits der Kommunen Einfluss: Mitte September wurde mit ihrer Hilfe, der der FDP und einiger fraktionsloser Abgeordneten eine von der CDU initiierte Senkung der Grunderwerbssteuer im Landtag in Erfurt beschlossen.
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