Ein Regionalzug steht am Bahnhof Stuttgart-Bad Cannstatt., © Christoph Schmidt/dpa/Archivbild
Ein Regionalzug steht am Bahnhof Stuttgart-Bad Cannstatt. Christoph Schmidt/dpa/Archivbild, dpa
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80 Busse für Tausende Fahrgäste - Kritik an Sperrungen

19.04.2023

Pünktlich zum Start des 49-Euro-Tickets Anfang Mai müssen sich Pendlerinnen und Pendler im Großraum Stuttgart auf massive Einschränkungen auf der Schiene einstellen - oder gleich ganz auf das Auto umsteigen. Im Verkehrsausschuss des Landtags informierte die Bahn die Abgeordneten über weitere Details der geplanten Sperrungen zwischen Stuttgart-Bad Cannstatt und Waiblingen, die wegen Bauarbeiten notwendig werden.

Demnach wird der Streckenabschnitt zwischen dem 12. Mai und dem 8. Juni komplett gesperrt. In dieser Zeit gebe es keinen S-Bahn-Verkehr zwischen Bad Cannstatt und Waiblingen, auch Regionalzüge fahren auf dem Abschnitt keine, erklärte Rüdiger Weiß von der Bahntochter DB Netz. In dieser Zeit richtet die Bahn einen Ersatzverkehr ein. Mit 80 Gelenkbussen soll ein Fünf-Minuten-Takt eingerichtet werden, geplant sind Expressbusse, die zwischen Cannstatt und Waiblingen pendeln, und solche, die alle Zwischenhalte anfahren. Betroffen sind in den Hauptverkehrszeiten bis zu 5000 Pendlerinnen und Pendler pro Stunde. Weitere Sperrungen sind zwischen dem 21. und 25. April geplant. Auch in dieser Zeit soll es einen Schienenersatzverkehr geben.

Verkehrsminister Winfried Hermann befürchtet dennoch große Einschränkungen für die Fahrgäste. «Das, was in S-Bahnen transportiert werden kann, kann nicht in Bussen transportiert werden», sagte der Grünen-Politiker. Er appelliere an alle Pendlerinnen und Pendler, möglichst im Homeoffice zu arbeiten oder mit Kolleginnen und Kollegen Fahrgemeinschaften zu bilden.

Der Bevollmächtigte der Deutschen Bahn (DB) für Baden-Württemberg verteidigte die kurzfristigen Streckensperrungen. «Wir bauen den digitalen Knoten nicht aus Selbstzweck, sondern zum Wohl und Nutzen der Metropolregion Stuttgart», sagte Thorsten Krenz. Man habe versucht, die notwendigen Arbeiten in den ohnehin geplanten Sperrpausen durchzuführen. Das sei aber wegen der Komplexität nicht möglich. «Allein im Bereich Bad Cannstatt müssen wir etwa 70 Mal die Gleise queren. Das kann man nicht immer unter rollendem Rad machen», sagte Krenz.

Kritik kam von den Abgeordneten. Er sei überrascht von den Ausmaßen der Vollsperrung, sagte der FDP-Verkehrsexperte Christian Jung. «Es wird ein noch größeres Chaos im Bahnverkehr rund um Stuttgart geben», sagte er. Aus Sicht von Michael Jukov hätte die Bahn früher reagieren müssen. «Die Kabelverlegung war absehbar», sagte der bahnpolitische Sprecher der Grünen. Das Unternehmen hätte frührer Maßnahmen treffen müssen, um die Sperrungen zu minimieren.

Hans-Peter Storz (SPD) kritisierte die aus seiner Sicht zu geringen Entschädigungen. Die Bahn hatte angekündigt, Inhaber von Jahreskarten mit einmalig 49 Euro zu entschädigen. «Da macht sich die Bahn einen schlanken Fuß», sagte Storz. Zwar kostete das Abo wegen der Einführung des Deutschlandtickets nur noch 49 Euro im Monat, die Einschränkungen dauerten aber auch länger als einen Monat. Der Verkehrsexperte der AfD-Fraktion, Miguel Klauß, äußerte Zweifel daran, ob die Sperrphase ausreicht, um die Bauarbeiten durchzuführen.

Die Bahn hatte Mitte März bekanntgegeben, dass wichtige Verbindungen im Großraum Stuttgart wegen Bauarbeiten für mehrere Wochen unterbrochen werden müssen. Im Zuge des Projektes Stuttgart 21 soll der Bahnknoten zum ersten digitalisierten Knoten in Deutschland ausgebaut werden. Dafür wird entlang der Strecken überall das digitale Zugsicherungssystem ETCS verlegt, nach Angaben der Bahn sind Tausende Kilometer neue Kabel notwendig.

Von den Sperrungen betroffen ist vom 21. April bis Ende Juli der Bereich Bad Cannstatt/Waiblingen. Im zweiten Halbjahr sollen dann Strecken im Bereich Vaihingen/Flughafen/Böblingen gesperrt werden.

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