Wie Kinder Fake News und Verschwörungsmythen erkennen lernen
Wie schütze ich mein Kind vor Fake News und Verschwörungsideologien?
Wie gefährlich Fake News und Verschwörungsideologien sind, zeigt sich besonders in der Corona-Pandemie. Wenn Menschen in großen Gruppen zusammenkommen und dicht gedrängt und ohne Maske demonstrieren, weil sie im Netz gelesen haben, das Virus sei nur eine Lüge, dann gefährden sie damit ihre Mitmenschen und sich selbst. 86 Prozent der Deutschen kamen 2021 mit Verschwörungsideologien in Kontakt, so eine Umfrage des Digitalverbands Bitcom, rund die Hälfte (43 Prozent) haben zumindest teilweise Schwierigkeiten, diese von seriösen Nachrichten zu unterscheiden.
Damit Kinder und Jugendliche nicht auf Fake News hereinfallen, ist es wichtig, das sie selber erkennen, welchen Informationen sie vertrauen können und welchen nicht. Wie Ihr sie dafür am besten sensibilisiert, welche Rolle Messenger-Apps bei der Verbreitung von Verschwörungsmyhten spielen und welche Beratungsangebote es für Eltern gibt, haben wir Euch hier zusammengestellt.
So sensibilisiert Ihr Eure Kinder für Fake News
Am besten eignen sich konkrete Beispiele. Wenn Ihr selbst über eine Falschmeldung stolpert, der Ihr zunächst auf den Leim gegangen seid, nehmt sie als Anlass und erklärt Eurem Kind, woran Ihr erkannt habt, dass es sich dabei um Fake News handelt. Erklärt ihnen, woran sie problematische Quellen erkennen und wo sie vertrauenswürdige Informationen finden können.
Technischen Schutz für kleine Kinder einrichten
Früh mit den Kindern darüber sprechen, gemeinsam mit ihnen Regeln für die Mediennutzung vereinbaren und sie für Gefahren sensibilisieren – dazu rät auch Benjamin Thull, der bei der Landesanstalt für Kommunikation (LFK) für Jugendmedienschutz zuständig ist. Bei kleineren Kindern können auch Kinderschutzeinstellungen an Geräten oder in Apps sinnvoll sein – Einen einfachen Überblick über die Möglichkeiten bietet die LFK unter medien-kindersicher.de.
Verschwörungsmythen und die Pandemie
"Fast jede Verschwörungsideologie hat einen antisemitischen Kern. Verschwörungsideologien sind im Kern immer undemokratisch und haben irgendeinen Feind im Visier, den sie bekämpfen wollen.“ – Günter Bressau, Demokratiezentrum BW
„Verschwörungsideologien sind die große Gefahr der Zukunft für unser gesellschaftliches Zusammenleben“, ist Günter Bressau überzeugt. Er ist Landeskoordinator des Demokratiezentrums Baden-Württemberg, welches im Auftrag des Sozialministeriums handelt. Verschwörungsmythen nutzen Ängste aus und stellen Grundinformationen in Frage. Besonders deutlich zeigt sich das seit Beginn der Corona-Pandemie. Nun mag man die Vorstellung, Bill Gates wolle allen Menschen Microchips verimpfen, als lächerlich abtun. Doch Verschwörungsideologien rund um Corona führen dazu, dass zahlreiche Menschen ein tödliches Virus nicht ernst nehmen und hinter den Maßnahmen, die uns alle schützen sollen, einen finsteren Plan der Politik glauben.
Welche Rolle spielen Messenger?
Die Pandemie schürt Ängste. Zusammen mit mangelnden Sozialkontakten führt das dazu, dass Kinder und Jugendliche empfänglicher für Verschwörungsythen sind, meint Thilo Manemann von der Amadeu Antonio Stiftung. Er beobachtet bei der NGO, wie sich Hass und menschenfeindliche Ideologien in Online-Netzwerken entwickelt.
Neben der Verbreitung auf Social Media Plattformen wie Facebook oder Instagram spielen vor allem Messenger-Apps eine Rolle. Insbesondere Telegram ist in der Pandemie zu einer beliebten Anlaufstelle für Verschwörungsideologien geworden. Nutzer können dort (anders als bei WhatsApp) einzelne Kanäle abonnieren, über die Nachrichten mit tausenden Anderen geteilt werden. Das Problem ist, dass diese Nachrichten nicht moderiert werden, erklärt Manemann: „[Es wird nicht] geschaut, sind das überhaupt wahre Inhalte, oder sind das vielleicht Falschnachrichten, menschenverachtende oder rassistische Inhalte. Das alles wird von den Plattformen, von Telegram oder anderen Messengern, gar nicht kontrolliert“.
Die Verbreitung über Messenger erzeuge das Gefühl, man stehe in einer direkten Verbindung zum Verfasser der Nachricht. „Dadurch werden wir schneller emotionalisiert und sind schneller anfällig“. Telegram funktioniere daher nicht mehr nur wie ein Messenger, sondern werde immer mehr zu einem sozialen Netzwerk. Einige dieser Kanäle erzeugten dabei das Gefühl, zu einer „elitären Gruppe anzugehören, die über alles Bescheid weiß, quasi im Besitz der Wahrheit ist“, so Manemann. Kinder hätten jedoch meist noch kein geschlossenes Weltbild. Wichtig sei daher, nicht gleich in Panik zu verfallen, sondern das Gespräch zu suchen.
Kinder aufklären statt kontrollieren
„Kindern klarmachen, dass Verschwörungen in unsicheren Zeiten einfache Antworten auf komplexe Fragestellungen liefern“ – Sarah Heinisch, LMZ
Damit es erst gar nicht so weit kommt, ist es wichtig, die Ängste und Sorgen von Kindern und Jugendlichen ernst zu nehmen, die sie im Zweifelsfall zu solchen Gruppen hinleiten. Besonders wichtig ist, ihnen klar zu machen, dass „Verschwörungen einfache Antworten auf komplexe Fragestellungen liefern“, rät Sarah Heinisch vom Landesmedienzentrum Baden-Württemberg. Im „Zusammenspiel von Aufklärung, vertrauensvoller, elterlicher Medienerziehung und technischen Schutzeinstellungen“ sieht auch Thull den richtigen Ansatz. Er bestätigt ebenfalls, dass Messenger eine große Rolle bei der Verbreitung von Fake News spielen. Er empfiehlt, mit den Kindern darüber zu reden und gemeinsam entsprechende Sicherheits- und Privatsphäreeinstellungen vorzunehmen. Von heimlichen Kontrollen des Online-Verhaltens oder den Nachrichtenverläufen der Messenger rät er hingegen dringend ab: „Damit verspielen Sie Vertrauen, das für eine gelingende Medienerziehung ganz entscheidend ist“.