Verbraucherschutz für Migranten und Menschen mit Legasthenie
Was für Rechte hat man als Handynutzer? Und was ist bei der Suche nach einem Energieanbieter wichtig? Vor allem für Migranten und Menschen mit Lese- und Schreibschwäche können Fragen wie diese nach Ansicht von Verbraucherschutzminister Peter Hauk schwer zu beantworten sein. Deshalb müssen die Länder beim Verbraucherschutz einen stärkeren Fokus auf diese beiden Gruppen richten und Wissenslücken mit gezielten Projekten schließen, sagte Hauk der Deutschen Presse-Agentur. «Es ist eine staatliche Aufgabe, Teilhabe für alle zu ermöglichen», ergänzte er.
Weil Migranten und Menschen zum Beispiel mit Legasthenie oft schwerer erreichbar seien, müssten die Angebote niederschwelliger entwickelt werden, sagte der CDU-Politiker. Als Vorsitzender der Verbraucherschutzministerkonferenz werde er bei den anderen Ländern dafür werben, die Bevölkerungsgruppen bei Pilotprojekten zu berücksichtigen. «Damit stärken wir Alltagskompetenzen auch bei einfachen Dingen wie zum Beispiel den Verbraucherrechten im Rahmen eines Handyvertrags, von denen offen gesagt viele keine Ahnung haben», sagte Hauk.
Der Minister strebt Projekte unter anderem in Regionen mit einem höheren Migrationsanteil an und mit einem höheren Anteil von Kindern und Jugendlichen, die keine weiterführenden Schulen mit höheren Bildungsabschlüssen besuchen. «Es wäre zielführend, niederschwellig auszuprobieren, mit welchen Methoden man dort arbeiten muss, um am Ende ein erfolgreiches Rezept zu haben, das man danach auf andere anwenden kann», sagte er der dpa.
Hauk regte an, Fragen zum Verbraucherschutz auch immer wieder in den Schulunterricht aufzunehmen. «Da braucht man sicher kein eigenes Fach», sagte er. «Aber ein 14-jähriger Gymnasiast weiß ja oft nicht, wie man ein Bankkonto eröffnet und führt und welche Folgen das haben muss. Und wenn er das schon nicht weiß, wie soll es dann ein 14-jähriger mit Migrationshintergrund wissen, der unsere Sprache nicht oder nur schlecht spricht», sagte der Minister.
Das Interesse an Fragen zum Handyvertrag, zum Nahverkehr oder zur Stromrechnung ist nach Angaben der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg bei Geflüchteten groß. Hauks Ministerium finanziert derzeit ein Projekt, das vor allem über bereits vorhandene Hinweise und Beratungsangebote informiert. Menschen aus der Ukraine erhalten diese Tipps in ihrer Muttersprache. Themen wie Versicherungen, Reklamationen, Internet, Girokonto und Abzocke oder Vertragsfallen werden auch auf einer Internetseite für Geflüchtete und Flüchtlingshelfer gesammelt.
Bundesweit können zudem rund 6,2 Millionen der erwerbsfähigen Erwachsenen nicht richtig schreiben, lesen und rechnen sowie keine zusammenhängenden Texte aufnehmen. Statistisch gesehen wohnen rund 750.000 von ihnen in Baden-Württemberg.
Diese Gruppe will das Land in einem anderen, geplanten Projekt erreichen. Von den kommenden Wochen an wird es mit der Technischen Akademie Schwäbisch Gmünd, der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg und der Fachstelle für Alphabetisierung und Grundbildung angeboten. Besonders nachgefragte Themen zum Verbraucherrecht- und schutz sollen dann in einfacher Sprache in bereits bestehenden Grundbildungskursen angeboten werden. Geplant sind unter anderem Broschüren mit Bildern, erklärende Videos, Podcasts oder auch eine App.
«In allen lebensweltlichen Bereichen gibt es Verbraucherschutzthemen, die alle Menschen in der Gesellschaft betreffen und von allen auch verstanden werden müssen», sagte Hauk. Projekte wie diese sollten Hürden abbauen und gering literalisierten Menschen den Einstieg in den Arbeitsalltag und die Gesellschaft erleichtern.
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