Protest auf dem Tahrir-Platz in der irakischen Hauptstadt Bagdad. Weil in Stockholm ein Koran verbrannt wurde, sind die Beziehungen zwischen den beiden Ländern belastet., © Ameer Al-Mohammedawi/dpa
Protest auf dem Tahrir-Platz in der irakischen Hauptstadt Bagdad. Weil in Stockholm ein Koran verbrannt wurde, sind die Beziehungen zwischen den beiden Ländern belastet. Ameer Al-Mohammedawi/dpa, dpa
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Scharfe Kritik an Koran-Aktion in Stockholm

21.07.2023

Muslimisch geprägte Länder haben die erneute Verunglimpfung eines Korans in der schwedischen Hauptstadt Stockholm scharf kritisiert. Das saudische Außenministerium erklärte am Freitag, es handle sich um eine «systematische Provokation gegen die Gefühle von Millionen von Muslimen auf der ganzen Welt». Die «unverantwortlichen Handlungen der schwedischen Behörden» hätten es Extremisten erlaubt, den Heiligen Koran zu entweihen.

Im Iran gingen Tausende Demonstranten auf die Straße. An den staatlich organisierten und landesweiten Protesten nahmen Gläubige nach dem Freitagsgebet teil, wie der staatliche Rundfunk berichtete. Am Freitagnachmittag versammelten zudem Demonstranten vor der schwedischen Botschaft in der Hauptstadt Teheran. Bilder im Staatsfernsehen zeigten Dutzende Teilnehmer. Am Donnerstagabend war der schwedische Botschafter ins Außenministerium in der Hauptstadt Teheran einbestellt worden. Auch Saudi-Arabien und Katar bestellten die jeweiligen schwedischen Botschafter ein.

Proteste im Libanon und im Irak

Die pro-iranische Hisbollah im Libanon rief zu Demonstrationen am Freitag auf. Tausende Hisbollah-Anhänger schlossen sich den landesweiten Protesten an. Die libanesische Armee schützte unterdessen den Eingang zur schwedischen Botschaft in Beirut. Auch im Irak hat es am Freitag wieder landesweite Proteste gegeben.

Auch aus der Türkei kam Kritik. Das Außenministerium schrieb am Donnerstagabend, man erwarte von Schweden, «dass es im Einklang mit seiner internationalen Verantwortung» abschreckende Maßnahmen ergreife, «um dieses Hassverbrechen gegen die Religion des Islam und seine Milliarden von Gläubigen zu verhindern». Der pakistanische Premierminister Shehbaz Sharif sprach am Freitag auf Twitter von einer «finsteren, abscheulichen und verabscheuungswürdigen Agenda». In einem offiziellen Statement rief der Politiker Schweden außerdem dazu auf, Maßnahmen gegen Taten solcher Art zu ergreifen.

Die schwedische Polizei hatte eine Versammlung in Stockholm genehmigt, auf der der Antragsteller erneut einen Koran verbrennen wollte. Verbrannt wurde die Heilige Schrift des Islam bei der Aktion am Donnerstagnachmittag letztlich nicht: Der Mann trampelte zwar auf einem Exemplar des Buches herum und versuchte mit einem Mitstreiter auch, es anzustecken. Das Feuer entzündete sich aber nicht richtig. Einige Buchseiten wiesen Bildern zufolge aber kleine Brandspuren auf.

Ermittlungen in Stockholm

Die schwedischen Behörden ermitteln in dem Fall nun wegen möglicher Volksverhetzung. Man habe eine entsprechende Anzeige erstellt, eine Voruntersuchung unter Führung einer Staatsanwältin sei aufgenommen worden, teilte die Stockholmer Polizei auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Gegen den Verantwortlichen der Aktion, einen gebürtigen Iraker, wird bereits seit einer Koranverbrennung am 28. Juni unter anderem wegen möglicher Volksverhetzung ermittelt.

Die erneute Aktion hatte die Beziehungen zwischen dem Irak und Schweden schon im Vorfeld schwer belastet. Die schwedische Botschaft in Bagdad wurde in der Nacht zum Donnerstag von wütenden Demonstranten gestürmt. Schweden legte offiziell Protest ein und forderte von den irakischen Behörden besseren Schutz für seine Diplomaten. Stattdessen ließ der irakische Ministerpräsident Mohammed Schia al-Sudani die schwedische Botschafterin ausweisen. Bagdad drohte gar mit dem kompletten Abbruch der diplomatischen Beziehungen. Den Botschaftsbetrieb verlegte Schweden vorübergehend von Bagdad nach Stockholm, wie das Außenministerium auf dpa-Anfrage mitteilte.

Gegen einen anderen Mann, der immer wieder mit dem Verbrennen des Korans provoziert hatte, wurde in der Türkei derweil Haftbefehl erlassen. Nach Angaben des türkischen Justizministers Yilmaz Tunc wurden gegen den gebürtigen Dänen Rasmus Paludan und neun weitere Menschen Ermittlungen eingeleitet, darunter war auch derjenige, der für die jüngsten Vorfälle in Stockholm verantwortlich ist. Als Grund wurde etwa Volksverhetzung genannt. Der Rechtsextremist und Provokateur Paludan hatte im Januar einen Koran vor der türkischen Botschaft in Stockholm angezündet.

«Koranbränning är hets mot folkgrupp» steht auf dem Schild dieses Demonstranten in Stockholm - «Koranverbrennung ist Hetze gegen Bevölkerungsgruppen». Das Anzünden eines Korans in der Nähe einer schwedischen Moschee hat weltweit zu Wut und Kritik von Muslimen geführt., © Steffen Trumpf/dpa

© dpa-infocom, dpa:230721-99-484123/7