Vor dem Justizgebäude in Ulm, in dem das Amts- und Landgericht sitzen, steht eine Statur der Justitia., © Stefan Puchner/dpa
Vor dem Justizgebäude in Ulm, in dem das Amts- und Landgericht sitzen, steht eine Statur der Justitia. Stefan Puchner/dpa, dpa
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Nach Mord an Mitbewohner: Paar kommt lebenslang in Haft

06.04.2023

Eine drückende Stille hat 20 Sekunden lang im Verhandlungssaal des Ulmer Landgerichts geherrscht. So lange habe es mindestens gedauert, bis ein 31-Jähriger im Sommer gestorben sei, sagte der Vorsitzende Richter. Erwürgt von seinem Mitbewohner - dem neuen Partner seiner Ex-Freundin. Sie nahm den Tod demnach mindestens billigend in Kauf. Vorausgegangen waren tagelange Misshandlungen, der Richter sprach von Folter. Die 27-Jährige und ihr 24 Jahre alter Partner wurden am Donnerstag wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Dahinter stehen nach Ansicht des Gerichts ein toxisches Gefüge und Lügengeschichten.

«Er hat sich nie gewehrt», sagte der Angeklagte, der sich am letzten Prozesstag doch noch zu der Tat äußerte. Dabei gestand er, das Opfer mehrfach geschlagen zu haben. 10, vielleicht auch 15 Minuten habe er ihn allein am Tattag verprügelt, schätzte der 24-Jährige. Er sei wütend gewesen, weil er davon ausging, dass der 31-Jährige seine Freundin angefasst habe. Nach der «erzieherischen Maßnahme», wie der Angeklagte es nannte, habe er das Opfer in Ruhe gelassen. Der 31-Jährige habe sich nicht beklagt, und die drei hätten gemeinsam Pizza gegessen.

Der 24-Jährige stritt allerdings ab, das Opfer erwürgt zu haben. Er habe sogar versucht, den 31-Jährigen zu retten - vor seiner Freundin. In seiner Aussage erhob er schwere Vorwürfe gegen die 27-Jährige, verstrickte sich aber in Ungereimtheiten. Während er erzählte, schüttelte die Angeklagte immer wieder den Kopf. Sie selbst äußerte sich nicht zur Tat.

Alle drei hatten gemeinsam in einem Haus in Laichingen (Alb-Donau-Kreis) gelebt, nach Ansicht des Gerichts bildete sich dabei ein «stabiles, aber toxisches Beziehungsgeflecht». Am unteren Ende der «Hackordnung» habe das Opfer gestanden, an der Spitze die Frau, sagte der Richter. Der 24-Jährige sei die ausführende Kraft gewesen. Beide Männer seien der 27-Jährigen hörig gewesen.

Die Frau sei «der böse Geist der Wohngemeinschaft» gewesen, sagte der Richter. Manipulationen und Lügengeschichten waren bei ihr demnach an der Tagesordnung. Unter anderem erfand sie eine Zwillingsschwangerschaft und log mehrfach darüber, dass der 31-Jährige sie angefasst habe. Letzteres war nach Ansicht des Gerichts am Tatabend der Auslöser für die Gewalt des 24-Jährigen.

«Wir gehen davon aus, dass es ein Leichtes gewesen wäre, ihn zu bremsen», sagte der Richter. Er habe schließlich auch sonst alles befolgt, was die 27-Jährige verlangt habe. Die Tat sei so, als würde man einen Kampfhund von der Leine lassen und ihn auf ein Opfer hetzen. Die Frau habe eine hohe verbrecherische Energie. Sie habe sich ebenso zur Herrin über Leben und Tod gemacht wie der 24-Jährige. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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