Gegen das linke Lager: CDU bläst zum Angriff
Das «SpOrt Stuttgart» ist ein modernes, lichtdurchflutetes Veranstaltungszentrum, es ist kurz vor Weihnachten, aber die Rede von CDU-Landeschef Manuel Hagel würde auch gut in ein Bierzelt am Aschermittwoch passen. Sein Landesverband hat sich zur Aufstellung der Landesliste für die anstehende Bundestagswahl versammelt, aber die Liste ist durch das neue Wahlrecht im Bund gar nicht so bedeutend für die CDU.
Wichtiger ist an diesem Samstag das Signal, dass die Partei senden will: Wir sind geschlossen, wir strotzen vor Kraft und wir regieren bald wieder im Bund. Im Vergleich zu vergangenen Tagen zeigt sich der Landesverband unter Führung von Hagel seit geraumer Zeit schon sehr geschlossen. Der Ampelbruch und die guten Umfragewerte beflügeln die Stimmung nun zusätzlich.
Keine Gnade gegenüber der Ampel
Der CDU-Landeschef präsentiert sich in seiner rund 50-minütigen Rede auch siegessicher. Noch 70-mal schlafen, dann habe Deutschland endlich wieder eine neue Regierung, so der 36-Jährige mit Blick auf die geplante Wahl am 23. Februar. Hagel lässt kein gutes Haar an der zerbrochenen Ampel, zeigt sich rhetorisch gnadenlos. Die Ampel habe Ton, Stil, Umgang und Substanz in der deutschen Politik «in Trümmer gelegt». So gut wie nichts sei besser geworden für die Bürgerinnen und Bürger. Er spricht von der schlechtesten Regierung. Es gehe nun darum, nicht mehr zu streiten, sondern Probleme zu lösen. Gut regieren sei die Ur-DNA der CDU, die anderen könnten es einfach nicht.
Scholz' Drohungen seien «charakterlos» und «beschämend»
Und Hagel schießt sich an diesem Tag besonders auf SPD und Grüne ein. Scholz kritisierte er vor allem für seine Ukraine-Politik. Dem falle nichts Dümmeres ein, als den Menschen im Wahlkampf Angst zu machen, so Hagel. Der Kanzler drohe den Menschen mit russischen Atomwaffen, sofern er nicht mehr gewählt werde. Dieses Drohen sei charakterlos und beschämend. Zudem warf er der SPD einen schmutzigen Wahlkampf vor. Man könne sich auf Fake News, KI und «Klingbeilisierung» einstellen, sagt Hagel mit Blick auf SPD-Parteichef Lars Klingbeil. «Gürtellinie Fehlanzeige».
Habeck ist «Gesicht der Krise»
Dann schwenkt Hagel zu den Grünen. Robert Habeck sei der «Rezessionsminister der Ampel», der meine, dass nur er wisse, was gut für Unternehmen sei. «Habeck ist das Gesicht dieser Krise, die Farbe dieser Krise ist Grün.» Die Grünen seien zwar nicht die Hauptgegner der CDU, das sei die AfD. Aber die Bundesgrünen machten aus normalen Fragen des Alltags einen Glaubenskrieg, so Hagel - etwa ob man E-Auto oder Diesel fahre.
Der Landeschef, der auch Fraktionschef der CDU im Landtag ist, warf den Grünen eine «Hyperpolitisierung und Hypermoralisierung von Nebensächlichkeiten» vor. Es sei nicht schlimm, wenn Kinder sich bei der Fastnacht als «Cowboy oder Indianer» verkleideten und der Papa an Silvester Feuerwerk anzünde.
Hagel betont in seiner Rede aber auch die Bedeutung des Klimaschutzes. Das Pendel dürfe nun nicht in die andere Richtung schwingen und Klimaschutz zur Nebensächlichkeit werden. Nicht Verbote seien die Lösung, sondern Industrie und Innovation.
FDP wird geschont
Auffallend: Die Ampelpartei FDP, die derzeit bundesweit im Zusammenhang mit dem Regierungsbruch in Berlin heftig kritisiert wird, greift Hagel mit keinem Wort in seiner Rede an. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke, mit dem Hagel bereits Wanderausflüge gemacht hat, ist sogar als Ehrengast geladen. Mit den Liberalen würden viele in der CDU auch am liebsten künftig regieren im Bund, auch wenn unklar ist, ob die FDP überhaupt wieder in den Bundestag einzieht. Und mit Rülke würde Hagel wohl gerne ab 2026 im Land regieren.
Es brauche eine andere Politik, die aus einem grundlegend anderen Staatsverständnis und Menschenbild hervorgeht, sagt Hagel. Denn: Die Republik stehe vielleicht vor den größten Herausforderungen seit der deutschen Wiedervereinigung. Und in Krisenzeiten könne man CDU-Kanzlern vertrauen. Vor der Halle steht denn auch ein Plakat mit dem großen Konterfei von Friedrich Merz. Darunter: «Unser Kannzler».
Frei: Noch nichts gewonnen
In den Wahlkampf zieht die Südwest-CDU mit einem bekannten Gesicht: Der Landesverband wählt Thorsten Frei an die Spitze der Landesliste. Danach folgen auf der Liste die Landesgeneralsekretärin Nina Warken sowie der Vorsitzende der CDU-Landesgruppe im Bundestag, Andreas Jung.
Frei, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion, schlug demütige Töne an: «Es ist noch nichts gewonnen. Wir werden jeden dieser 71 Tage kämpfen müssen», sagte er mit Blick auf die Wahl. Es gehe nicht nur darum, die Wahl zu gewinnen, sondern eine Gestaltungsmehrheit zu haben, die einen Politikwechsel für das Land ermögliche. Frei ist auch stellvertretender Landesvorsitzender der Südwest-CDU und einer der profiliertesten Bundespolitiker der Union.
Frei rief seine Parteikollegen auf, den Menschen im Weihnachtswahlkampf die einfache Frage zu stellen, ob es ihnen besser gehe als vor drei Jahren. Olaf Scholz sei kein Kanzler des Fortschritts und Aufbruchs, sondern ein «Kanzler des Abbruchs» und Abstiegs. Auch gegen die Grünen teilte Frei aus: In deren Wahlprogramm stünden 300 Mal die Begriffe «müssen» und «Steuern» - damit meinten die Grünen eigentlich Verbote. Das Land sei drei Jahre unter seinen Möglichkeiten regiert worden.
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