Ein Jahr elektronische Strafakte: Papier bleibt geduldig
Berge von Papierakten und tagelange Kopierarbeit sollen in der Justiz ab 2026 der Vergangenheit angehören - und das bundesweit. Damit das klappt, erproben bei einem Pilotprojekt in Ulm Polizei, Staatsanwaltschaft und Amtsgericht die elektronische Strafakte. Das erste Jahr zeigt: Die Umstellung braucht noch Zeit.
Inzwischen seien mehr als 4300 Verfahren elektronisch bearbeitet worden, erklärt ein Sprecher des Justizministeriums. «Erste Verhandlungstage mit elektronischen Akten haben stattgefunden und richterliche Entscheidungen sind ergangen.» Rund 300 Beamtinnen und Beamte des Ulmer Polizeipräsidiums arbeiten demnach mit der elektronischen Akte. Bei der Staatsanwaltschaft arbeiten laut einem Sprecher drei von fünf Abteilungen damit.
Die Polizei legt die elektronische Akte an und sendet sie an die Staatsanwaltschaft. Übertragen werden die Daten durch das Landesverwaltungsnetz, das nicht ans Internet gekoppelt sei, schildert die Polizeisprecherin. Anschließend geht die Akte ans Amtsgericht.
Vorteile sind der Polizei zufolge kurze Wege, zeitnahe Rückmeldungen, leichtere Recherche innerhalb der Akte und weniger Papierverbrauch. Derzeit würden überwiegend Delikte wie Betrug, Diebstahl und Körperverletzungen mit der elektronischen Akte bearbeitet.
Eine Entlastung mache sich vor allem bei umfangreichen Verfahren bemerkbar, weil Kopierzeit gespart werde. Der Sprecher erinnert sich an ein Wirtschaftsverfahren mit mehr als 30 Aktenordnern - das Scannen habe rund einen Monat gedauert.
Bis die elektronische Akte problemlos angewendet werden könne, brauche es noch Anpassungen, sagen Polizei und Staatsanwaltschaft. Aber das sei ja der Sinn einer Pilotphase. Aufwendig werde aktuell jeder Fall durchgegangen, technische Fehler weitergegeben und Mitarbeitende im Umgang geschult.
Das Justizministerium bleibt zuversichtlich: «Aus technischer und fachlicher Sicht steht einer Einführung der eStrafakte an allen Strafgerichten und Staatsanwaltschaften in Baden-Württemberg bis Ende 2025 nichts entgegen.»
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