«Die Legende von Paul und Paula» kam vor 50 Jahren ins Kino
Als Angela Merkel vor einigen Jahren ihren Lieblingsfilm vorstellen sollte, entschied sich die damalige Kanzlerin für einen Liebesfilm. Allerdings nicht für irgendeine Romanze, sondern für einen Film, der auch vom Alltagsleben in der DDR erzählt: «Die Legende von Paul und Paula». Der Regisseur Heiner Carow griff in dem Drama eine sehr grundsätzliche Frage auf: Hat der Mensch einen Anspruch auf Glück?
Seit dem Kinostart in der DDR sind nun 50 Jahre vergangen. Die Produktion mit Angelica Domröse und Winfried Glatzeder in den Hauptrollen lief am 30. März 1973 an, wie die DEFA-Stiftung in Berlin berichtet, die das Filmerbe der früheren DDR-Produktionsgesellschaft verwaltet. Am Vortag war bereits eine Premiere angekündigt.
Zeitloses Thema
Nun gelingt es nicht vielen Filmen, ein halbes Jahrhundert so zu überstehen, dass man sie danach freiwillig noch gerne schaut. Manche Filme altern eher schlecht oder die Geschichte hat einem schlicht nichts mehr zu sagen. Der Chefin der DEFA-Stiftung, Stefanie Eckert, geht es mit «Paul und Paula» anders. Der Film behandle ein zeitloses Thema - es gehe um die Erfüllung von Glück und Liebe. Gleichzeitig gebe es eine Leichtigkeit in der Erzählweise, die ebenfalls noch aktuell sei.
Nach ihrer Einschätzung gibt es zwei Aspekte, die dazu geführt haben, dass der Film für manche zum Kultfilm wurde. Zum einen die Kompromisslosigkeit, insbesondere der Figur Paula. Sie habe es geschafft, Gefühle unmittelbar auszudrücken. «Sie war eine einfache Arbeiterin ohne Privilegien, alleinerziehende Mutter von zwei Kindern, die aber jede Gelegenheit ergreift, glücklich zu sein.» Sie sei einfach kompromisslos in ihrer Art zu leben.
Die Schauspielerin Domröse übernahm den Part damals - sie verkörperte eine Frau, die mit großer Selbstverständlichkeit mehr wollte vom Leben. «Es muss doch noch was anderes geben als schlafen, arbeiten. Und wieder schlafen und arbeiten», sagt Paula im gelben Bademantel in einer Schlüsselszene. Im Film verliebt sie sich in den verheirateten Paul, gespielt von Glatzeder.
Ein zweites Argument für den Film seien die Stilmittel, findet Eckert. «Heiteres und Komisches wird so in unmittelbare Nachbarschaft zum Tragischen und Traurigen gesetzt. Man lacht und weint manchmal fast gleichzeitig.» Der Film habe im ersten Jahr rund drei Millionen Zuschauer in der DDR ins Kino gelockt. Später sei er in Westdeutschland gestartet, dort weniger erfolgreich, und danach dort auch im Fernsehen gelaufen mit guter Quote.
Der Regisseur Carow und der Drehbuchautor Ulrich Plenzdorf zeigten auch das Schlangestehen beim Einkaufen und Kohleschleppen. «Das war damals sensationell, dass die Realität so im Kino erschien», sagte Merkel vor einigen Jahren bei der Filmvorstellung. Da sei nichts depressiv, sondern zeige Lebenskraft und habe trotzdem ein Stück Ironie.
Freizügige Bettszenen
Es habe durchaus die Diskussion gegeben, ob der Film in der DDR zugelassen werde, sagt Eckert. Die Figurenkonstellation habe nicht unbedingt dem Ideal eines sozialistischen Menschen entsprochen. Auch die Gesellschaft sei nicht als ideal dargestellt worden. Es seien auch bestimmte gängige Moralvorstellungen angetastet worden, etwa mit den gezeigten Affären und recht freizügigen Bettszenen.
Manches im Film wirkt übrigens auch heute noch irre. Es kommen Birnenschnaps und Blumenkränze vor. Irgendwann segelt das Paar inklusive Bett übers Wasser. Dazu läuft das Lied «Geh zu ihr und lass deinen Drachen steigen». Die Geschichte allerdings nimmt dramatische Wendungen. Erst bleibt Paul auf Distanz und dann erlebt Paula einen schweren Verlust. Am Ende überlebt nur einer der beiden.
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